zum Hauptinhalt

© IMAGO/UKRINFORM/Vyacheslav Madiyevskyy

„Alles tun, um Frieden und Freiheit zu sichern“: CDU-Politiker stellt deutsche Beteiligung an Landminenverbot infrage

Russland setzt im Angriffskrieg gegen die Ukraine massenhaft Landminen ein. Die Ukraine und mehrere Nato-Staaten sind als Reaktion aus dem Landminenverbot ausgestiegen. Sollte Deutschland folgen? Die Bundesregierung verneint vorerst.

Stand:

Der CDU-Verteidigungspolitiker Bastian Ernst hat angesichts der russischen Bedrohung eine Überprüfung der deutschen Beteiligung am Verbot von Landminen gefordert und damit Widerspruch der Bundesregierung geerntet. „Wir stehen 100 Prozent zu den internationalen Vereinbarungen und ⁠zum Ottawa-Abkommen“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am ‌Montag in Berlin. Ernst hatte sich zuvor gemeinsam mit dem Militärhistoriker Sönke Neitzel in einem Interview der Zeitung „Welt“ für eine Neubewertung ausgesprochen.

„Diese ‍Debatte ist politisch sicher unbequem“, sagte Ernst dem Blatt. „Aber unsere Aufgabe ist es, Deutschland und ​unsere Verbündeten abschreckungsfähig zu machen.“ Neben der Ukraine haben Finnland, Polen und die drei baltischen Staaten ihren Ausstieg aus der Ottawa-Konvention eingeleitet, einem Rüstungskontrollabkommen, das Einsatz, Lagerung, Produktion und Export von Antipersonenminen verbietet.

Sie seien überzeugt, dass Minen und Sperrsysteme ein zentraler Baustein dieser Abschreckung seien. „Dann wägt man ab: Völkerrecht gegen nationale Sicherheit“, erklärt Neitzel das Vorgehen. Norwegen entschied sich dabei, am Landminenverbot festzuhalten.

„Die Russen haben kilometertiefe Minenfelder angelegt“

Hintergrund ist auch, dass Russland – wie auch die USA und China – dem Abkommen nie beigetreten war und Landminen massenhaft im Krieg gegen die Ukraine einsetzt. „Die Russen haben bei der ukrainischen Gegenoffensive 2023 kilometertiefe Minenfelder angelegt und sie gleichzeitig mit Artillerie und Luftwaffe gedeckt“, so Neitzel. „Wir müssen uns fragen: Was passiert, wenn Russland tatsächlich Nato-Gebiet einnimmt, sich dort eingräbt – und wir so etwas zurückerobern müssen?“.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ernst erklärte, dass es für Deutschland um „maximalen Schutz der eigenen Bevölkerung und Soldaten“ gehen müsse sowie „um das Verzögern eines Angreifers“ – nicht aber „um wahlloses Verminen von Feldern und Dörfern“. Russland unterscheide nicht. „Dort werden Minen ohne Dokumentation geworfen, ohne Rücksicht auf Kinder oder Bauern. Die Nato würde Minen anders einsetzen“, betonte der CDU-Politiker. Minen wären digital dokumentiert, vernetzt, zum Teil mit Zeitsicherungen versehen. 

Neitzel ergänzte, Deutschland könne zwar an der ‌Konvention festhalten, riskiere dann aber, „im Zweifel zu verlieren. Dann hätten wir moralisch sauber verloren. Aber ist das unser Ziel?“. Es ​gehe ⁠darum, die Nato-Gebiete zu schützen. „Die deutsche Debatte blendet diese militärische Pragmatik ‌oft aus“, sagte der Historiker.

Jahrelanges Verschlafen der Drohnenproduktion in Deutschland

Dabei verwies Neitzel auch auf das jahrelange Verschlafen der Drohnenproduktion in Deutschland. „Die Bewaffnung von fünf Heron-Drohnen wurde ein Jahrzehnt lang moralisch überhöht diskutiert, während andere Staaten längst Loitering Munition und moderne Drohnensysteme entwickelt haben. Heute merken wir, wie weit wir zurückliegen – weil wir Diskussionen geführt haben, die mit der militärischen Realität wenig zu tun hatten“.

Ernst betonte, es gehe zunächst nicht darum, Landminen in Deutschland einzusetzen. Vielmehr sollten industrielle Kapazitäten zur Minenproduktion aufgebaut werden, um die baltischen und skandinavischen Staaten im Schutz vor Russland zu unterstützen.

Bastian Ernst

© Tobias Koch

„Wir werden diese Systeme wahrscheinlich nicht zuerst in Deutschland einsetzen. Aber wir müssen sie unseren Partnern bereitstellen können – und die eigenen Streitkräfte so integrieren, dass wir in einem Land wie Litauen nicht plötzlich vor Ort improvisieren müssen“, sagte er. Ernst wünsche sich in dieser Frage ein „stark involviertes Kanzleramt“. Es gehe um eine „zentrale, sicherheitspolitische Entscheidung, die über das Verteidigungsressort hinausreicht“.

Der CDU-Politiker fügte hinzu: „Es gäbe keine Opfer, wenn Russland keine Angriffskriege führt. Die Frage nach Einsatz und Wirkung stellt sich nicht zuerst bei uns, sondern in Moskau. Unsere Absicht ist, in Nato und EU in Frieden und Freiheit zu leben – und alles zu tun, um das zu sichern“. (Reuters/jmi)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })