zum Hauptinhalt
Der Berufsverkehr fließt auf dem Kaiserdamm im Zentrum von Berlin (Symbolbild).

© Michael Kappeler/dpa/pa

1200 illegale Autorennen in drei Jahren: Berliner Innenverwaltung will schmalere Straßen gegen Raser

Trotz des „Raser-Paragrafen“ gibt es viele illegale Autorennen. Statt mehr Kontrollen schlägt das Land weniger Fahrspuren vor – und verweist auf Pop-up-Radwege.

Von Christian Hönicke

Mehr als 1200 illegale Autorennen hat die Polizei innerhalb von nur drei Jahren in Berlin registriert. Dabei wurden 63 Menschen verletzt, davon 19 schwer – zwei Menschen starben. Die Zahlen wurden seit Oktober 2017 erfasst.

Damals war der sogenannte „Raser-Paragraf“ eingeführt worden, vorangegangen war ein Unfall auf dem Ku’damm im Februar 2017 – zwei Fahrer hatten sich ein illegales Rennen geliefert, dabei wurde ein unbeteiligter 69-Jähriger getötet. Die beiden Raser sind vom Landgericht wegen Mordes verurteilt worden, die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.

Und erst Ende August erregte ein weiterer schwerer Raserunfall auf dem Ku’damm Aufsehen: Dabei verletzte der Fahrer eines gemieteten 500-PS-Wagens eine Mutter und ihre Teenagertochter schwer. Hinzu kommen offenbar viele – auch unbemerkte – Rennen, bei denen zwar niemand verletzt wird, die Berlins Straßen aber unsicher machen.

Die nun bekannt gewordene alarmierende Statistik teilte die Senatsinnenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Abgeordneten Burkard Dregger und Oliver Friederici hin mit, zunächst hatte die „Berliner Morgenpost“ darüber berichtet.

Autorennen sind seit der Einführung des Paragrafen 315d Strafgesetzbuch („Verbotene Kraftfahrzeugrennen“) im Oktober 2017 ein eigener Straftatbestand. Seither drohen dafür bis zu zehn Jahre Haft.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Davon lassen sich Raser zumindest in Berlin aber offenbar kaum abschrecken. Auf insgesamt 197 Straßen wurden nach Angaben der Innenverwaltung seither illegale Autorennen veranstaltet. Nummer eins ist dabei die Stadtautobahn A 100: Hier fanden 73 Rennen statt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dregger fordert nun mehr Präventivmaßnahmen durch mehr Blitzer in der Stadt: „An Schwerpunkten illegaler Rennen muss es mobile Geschwindigkeitskontrollen geben.“ Außerdem müsse der Senat erklären, warum ein Drittel der festen Messstationen nicht in Betrieb sei. Laut Innenverwaltung befinden sich 30 stationäre Blitzer an den betroffenen Straßenabschnitten, davon seien jedoch momentan nur 20 im Einsatz.

Innenverwaltung: Stationäre Blitzer nur begrenzt wirksam

Die Innenverwaltung bremst jedoch die Hoffnung, dass es durch mehr Blitzer auch zu signifikant weniger Rennen kommt. Stationäre Blitzer hätten nur begrenzt Wirkung: „In der Regel verringern ortskundige Fahrzeugführer vor einer stationären Anlage ihre Geschwindigkeit, um sie nach dem Passieren wieder zu erhöhen.“

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Auch könnten die Rennen durch den verstärkten Einsatz mobiler Blitzer oder durch gezielte Kontrollen „nicht nachhaltig bekämpft werden“ – weil sich die Tatzeiten mit Ausnahme des Vormittags „relativ gleichmäßig auf alle Tages- und Nachtzeiten und Wochentage“ verteilten. Vielmehr seien die aufgeflogenen Rennfahrer „regelmäßig Zufallsfeststellungen“.

Mehr Rad- und Busspuren bedeuten weniger Platz für Raser

Als sinnvolle präventive Maßnahme schlägt die Innenverwaltung deshalb vor, Straßen für Autos zu verengen und „verkehrssicher“ zu gestalten. „Dazu gehört es auch, dass im Bereich von bisher breiten Fahrbahnen exklusive Bereiche für den ÖPNV (Bussonderfahrstreifen) und den Radverkehr ausgewiesen werden.“ Damit verbunden sei „eine Reduzierung von Fahrstreifen, die mit Kraftfahrzeugen befahren und für Überholvorgänge genutzt werden können“.

Die Verwaltung verweist als Positivbeispiele auf die durch Poller abgetrennten Radstreifen an der Hasenheide und die Pop-up-Radwege in der Lichtenberger Straße, auf dem Kottbusser Damm sowie in der Kantstraße östlich der Wilmersdorfer Straße. „Auf diese Weise werden verbotene Kraftfahrzeugrennen in der Praxis dort fast vollständig ausgeschlossen.“

Dregger nimmt Fahranfänger ins Visier

Auf diese Vorschläge geht der CDU-Politiker Burkard Dregger in seiner Auswertung der Statistik nicht ein. Stattdessen verweist er darauf, dass in 93 der mehr als 1200 Fälle Mietwagen für Rennen genutzt wurden.

Hier fordert er eine Verschärfung: „Wenn es sich bei den Tätern durchweg um Fahranfänger handeln sollte, müssen wir das unterbinden. Dann liegt es nahe, eine Vermietung an diese Kunden zu beschränken. Der Senat muss seine Hausaufgaben machen und die bestehenden Fälle untersuchen.“

Nach dem letzten Ku’damm-Unfall hatte der für illegale Autorennen zuständige Oberamtsanwalt Andreas Winkelmann einen „Stufenführerschein“ vorgeschlagen. Dabei könnte bis zu einer bestimmten Altersgrenze die maximal erlaubte PS-Zahl auf 100 reduziert werden.

Auch die Abgabe von Mietwagen an junge Autofahrer könnte an ein Null-Punkte-Konto in Flensburg oder ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis geknüpft werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false