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Im Kammergericht beginnt am Mittwoch ein Prozess gegen einen pakistanischen Studenten, der für den Iran spioniert haben soll.

© dpa/ Ole Spata

Spionagevorwürfe in Berlin: 31-jähriger Pakistaner wegen Spionage vor Gericht

In einem spektakulären Prozess geht es um Spionage für Irans Regime. Schon im vergangenen Sommer verurteilte das Kammergericht einen Iraner zu zwei Jahren und vier Monaten Haft.

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Bewaffnete Beamte begleiteten den Angeklagten zum Gerichtssaal, die Zuschauer mussten durch eine Sicherheitsschleuse. An diesem Mittwoch begann am Kammergericht der Prozess gegen den 31-jährigen Pakistaner Syed Mustufa H. Der Mann soll ein Jahr lang im Dienst „einer dem Iran zuzurechnenden geheimdienstlichen Einheit“ gestanden haben, also Spion der Regierung in Teheran gewesen sein. Das wirft ihm die Bundesanwaltschaft vor, die Behörde aus Karlsruhe ist immer dann zuständig, wenn es um die Sicherheit der Bundesrepublik geht.

H. soll im Sommer 2015 den SPD-Politiker Reinhold Robbe ausspioniert haben. Wie berichtet, hatte Robbe bei seinen Fahrten durch Berlin den Spion nicht bemerkt. Der Pakistaner habe im Auftrag der iranischen Revolutionsgarden gehandelt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Dort wird vermutet, H. habe mit seinen Informationen einen möglichen Anschlag der Iraner auf Robbe vorbereiten sollen. Der SPD-Mann war 2010 bis 2015 Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Israel ist dem Teheraner Mullah-Regime verhasst – Robbe sei wohl als Ziel für ein Attentat ins Visier geraten, falls Israel den Iran attackiert. Syed Mustufa H. soll von Bremen aus, wo er als Ingenieurstudent lebte, zunächst im Internet über Robbe recherchiert haben. Dann soll er nach Berlin gefahren sein, um die Adressen auszukundschaften, an denen sich Robbe aufhalten könnte.

Polizei nahm mutmaßlichen Spion im Juli 2016 fest

Zurück in Bremen habe der Pakistaner, so berichten Sicherheitsexperten, für seine Auftraggeber ein Infopaket mit Fotos und Unterlagen angefertigt. Der Agentenlohn, den H. erhalten haben soll, war demnach nicht üppig. Die Revolutionsgarden hätten ihrem Mann 800 Euro zukommen lassen. Im Juli 2016 nahm die Polizei den mutmaßlichen Spion fest. Vorgeworfen wird ihm auch, in Paris einen franko-israelischen Wirtschaftsprofessor ausgeforscht zu haben.

Bei Spionage denken viele an die Glienicker Brücke, auf der einst sowjetische und amerikanische Top-Agenten ausgetauscht wurden. Oder an die Kanzlerin, deren Handy vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein soll. Vielleicht auch an Cyber-Attacken, also das Ausspähen von Computern. Der Spion im aktuellen Fall war da traditioneller: Er fuhr wohl mit Bus und Bahn von Charlottenburg nach Mitte und soll mit Stiften seine Notizen gemacht haben. Der Bundesanwaltschaft stehen für die Anklage mehrere Paragrafen zur Verfügung. Ausländer werden oft wegen „geheimdienstlicher Agententätigkeit“, Bundesbürger wegen „Landesverrats“, beide gelegentlich wegen „Auskundschaften von Staatsgeheimnissen“ belangt.

Neben Iranern wurden zuletzt Türken, Syrer, Marokkaner, Algerier, Libyer, Inder, Chinesen und Russen beim Spionieren erwischt, aber auch ein Deutscher, der die US-Amerikaner belieferte. Vor allem für die erstgenannten Staaten sind nicht so sehr deutsche Politiker das Ziel. Meist geht es den Geheimdiensten um Exilanten – so verfolgt der iranische Geheimdienst prowestliche und sozialistische Oppositionelle.

32-Jähriger soll Oppositionelle bespitzelt haben

Das bestätigt Hamid Nowzari, der 1980 nach Berlin kam und sich im Verein iranischer Flüchtlinge engagiert. Er berichtet, dass bei politischen Veranstaltungen vermeintliche Sympathisanten auftauchten, die beobachten, welcher Regimekritiker was tut. „Im Iran“, sagt Nowzari, „werden so die Familien unter Druck gesetzt.“ Schon im vergangenen Sommer verurteilte das Kammergericht einen Iraner zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. Der 32 Jahre alte Mann hatte demnach oppositionelle Exiliraner für den Teheraner Geheimdienst bespitzelt. Dafür bekam er 2015 rund 22.000 Euro.

Das Vorgehen der Iraner erinnert unter Juristen einige an die Türkei: Seit Wochen wird gegen türkische Geistliche ermittelt. Die Ditib-Geistlichen stehen im Verdacht, im Auftrag der Ankaraer Religionsbehörde mutmaßliche Kritiker der türkischen Regierung ausspioniert zu haben. Der Verband hatte Spitzeleien im Januar eingeräumt.

Ditib, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion mit Sitz in Köln, ist mit rund 900 Moscheegemeinden der größte Islamverband in Deutschland. Die Religionsbehörde in Ankara, Diyanet, entsendet und bezahlt die Imame für die deutschen Gemeinden. Auch der türkische MIT ist in Deutschland mit Agenten aktiv. Sie verfolgen Kurden, linke Aleviten und Anhänger des Predigers Fethullah Gülen. Zum Jahresende wurde in Hamburg ein Mann festgenommen, der Kurden-Funktionäre überwacht haben soll.

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