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Die AfD beschwert sich über die Einstufung.

© Patrick Pleul/dp

AfD in Brandenburg: Verfassungsgericht berät über Beobachtung von Parteien durch Verfassungsschutz

Die AfD wird im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Das hat schwerwiegende Konsequenzen. Abgeordnete stellen nun Grundsatzfragen.

Darf der Brandenburger Verfassungsschutz die AfD in seinem Bericht öffentlich als „Verdachtsfall“ einer extremistischen Bestrebung bezeichnen? Darum ging es am Freitag bei einer Verhandlung des Brandenburger Landesverfassungsgerichts.

Denn 22 Abgeordnete des Brandenburger Landtags, die alle der AfD-Fraktion angehören, hatten einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle gestellt, um folgende Frage zu klären: Gilt die Erlaubnis des Brandenburger Verfassungsschutzgesetzes, wonach die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen aufklärt, „soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen“, auch für Parteien? Oder verstößt sie gegen das so genannte Parteienprivileg, also die besondere Rolle, die die Landesverfassung wie auch das Grundgesetz politischen Parteien zubilligen?

Für die AfD ist diese Frage essentiell. Die Partei spürt die Folgen der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, meint ihr Fraktionsvorsitzender Hans-Christoph Berndt. „Wir kriegen keine Mietverträge für Wahlkreisbüros mehr, wir haben Schwierigkeiten, Stellenanzeigen zu schalten und es ist schwer, Personal zu finden“, sagte Berndt im Verfahren. „Unter dem Strich ist das für uns verheerend.“

Und der AfD-Prozessvertreter Michael Elicker sprach gar von einem „kalten Parteienverbot“: Einer Partei, die beobachtet wird, falle es schwer, ihre Parteibasis aufzubauen. Potentielle Mitglieder würden berufliche Konsequenzen fürchten.

Zudem sei die Verfassungsschutzbehörde in Brandenburg nicht unabhängig: Sie sei eine Abteilung des Innenministeriums und unterstehe dem jeweiligen Minister. „Wie kann es sein, dass eine von der Regierung geleitete Behörde die Verfassungsmäßigkeit einer Oppositionspartei einstuft?“

„Eine Partei, die verboten wird, verliert sämtliche Mandate“

Der Prozessvertreter des Landes, Wolfgang Roth, wies diese Vorwürfe indes zurück. Schon ein Blick auf die möglichen Konsequenzen zeige, dass es falsch sei, von einem „kalten Parteienverbot“ zu sprechen.

„Eine Partei, die verboten wird, verliert sämtliche Mandate in den Parlamenten, ihr Vermögen wird eingezogen und die Strukturen werden zerschlagen“, sagte Roth. Eine Partei, die als Verdachtsfall geführt werde, dürfe Versammlungen durchführen, habe Anspruch auf Wahlwerbung und Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung.

„Nicht ein Element, das dass bei einem Parteienverbot greifen würde, greift bei der Bezeichnung Verdachtsfall.“ Zudem rechtfertigte Roth, die Öffentlichkeit schon bei einem Verdachtsfall zu informieren: Man habe die Hoffnung, dass eine frühzeitige Veröffentlichung der Erkenntnisse zu einer Mäßigung führen werde.

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Was den Verfassungsrichter Andreas Dresen zu der Frage brachte, ob der Gesetzgeber die Parteien in ihren politischen Absichten „erziehen“ wolle? „Natürlich hat die öffentliche Debatte Rückwirkungen“, sagte Roth. „Aber die Hoffnung einer wehrhaften Demokratie besteht darin, schon den Anfängen zu wehren.“

Und auch andere Richter ließen in ihren Fragen erkennen, dass sie die Position der Landesregierung jedenfalls nicht vorbehaltlos teilten. So bemerkte die Richterin Julia Finck, dass man „schon zugestehen“ müsse, dass Einschätzungen des Verfassungsschutzes Werturteile seien.

Urteil im Mai erwartet

Darauf erwiderte Roth, der Verfassungsschutz habe gerade die klare Agenda , die Verfassung zu verteidigen. Der Verfassungsrichter Michael Strauss fragte die Beteiligten nach einer Regelung aus Niedersachsen, die die Beobachtung als Verdachtsfall auf zwei Jahre befristet.

Doch auch dieses Argument wischte Roth beiseite: Bei einer Partei, die wie einst die rechtsextremen Republikaner über einen gemäßigten und einen radikalen Flügel verfüge, könne es auch länger als zwei Jahre dauern, bis sich entscheide, in welche Richtung es mit der Partei gehe.

Eine klare Tendenz der Richter war in dem seit 2020 laufenden Verfahren nicht erkennbar. Ein Urteil wird für den 20. Mai erwartet.

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