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Im Dezember 2016 richtete Anis Amri auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ein Blutbad an.

© Michael Kappeler/dpa

Anis Amri schoss Selfie vor Merkels Haus: Vorsitzender des Untersuchungsausschusses will Foto nicht überbewerten

Im Amri-Untersuchungsausschuss soll am Freitag der leitende Terrorermittler des Generalbundesanwalts, Thomas Beck, gehört werden.

Von Sabine Beikler

Sein Bekennervideo war bereits bekannt. Anis Amri, der bei dem Attentat auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen ermordete, hatte der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Treue geschworen und ein Attentat angekündigt. Dieses Video wurde vom IS kurz nach dem Anschlag im Internet veröffentlicht. Amri hatte bekanntlich auch andere Orte wie das Einkaufszentrum am Gesundbrunnen als potenzielle Anschlagsziele ausgekundschaftet. Er hat auch Selfies in einiger Entfernung von dem Wohnhaus von Angela Merkel gemacht. Dabei hat er sich so geschickt verhalten, dass die vor dem Haus in Berlin Mitte postierten Schutzpolizisten ihn nicht registrierten.

Dieses Foto liegt dem ARD-Politikmagazin „Kontraste“ vor. Dem Bericht zufolge hatten Ermittler des Bundeskriminalamtes in einem Vermerk vom 24. April 2017 diese Tatsache nicht erwähnt, sondern lediglich das in Nachbarschaft zu Merkels Wohnhaus liegende Magnus-Haus als Sitz der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Am Kupfergraben beschrieben.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz kritisierte, dass das Wohnhaus der Kanzlerin nicht genannt worden sei. „Dass hier nicht mal die Option, dass auch das Haus der Kanzlerin betroffen sein könnte, in den Akten vermerkt ist, hat uns sehr irritiert“, sagte von Notz dem TV-Magazin. Andere Mitglieder des Amri-Untersuchungsausschusses des Bundestags konnten nicht erkennen, dass dieses Foto mit einer Ausspähungsabsicht gemacht worden sei.

Vorsitzende des Untersuchungsausschuss will Foto nicht überbewerten

Der Vorsitzende des Berliner Amri-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus, Stephan Lenz (CDU), wollte dieses Foto nicht überbewerten. Er nehme das „zur Kenntnis“. Für den Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux dagegen legt das Foto „den Verdacht nahe, dass Amri offensichtlich mehrere Objekte ausgekundschaftet hat“. Somit sei klar, dass er entgegen den Äußerungen von damaligen LKA-Ermittlern nicht ins kleinkriminelle Drogenmilieu abgerutscht sei.

Der Untersuchungsausschuss will an diesem Freitag den leitenden Terrorermittler des Generalbundesanwalts, Thomas Beck, als sachverständigen Zeugen hören. Der Ausschuss möchte wissen, welche Ergebnisse die ausgewerteten Chat-Verläufe von Amri gebracht hatten. Amri hatte offenbar bis kurz vor dem Anschlag mit einem IS-Mann Kontakt im Chat-Verlauf. „Gab es diese Chats schon zeitlich vorher?“, will Lenz wissen.

Der CDU-Politiker kann bislang keinen Hinweis erkennen, dass Amri den Anschlag zusammen mit Komplizen organisiert habe. Für den Grünen–Politiker Lux ist das noch eine offene Frage. „Hat sich Amri in einem Netzwerk bewegt?“ Der Ausschuss erhofft sich von dem Bundesanwalt Antworten auf diese Frage.

Am Nachmittag soll der Chef der Berliner Staatsanwaltschaft, Jörg Raupach, gehört werden. Der Leitende Oberstaatsanwalt soll über den informellen Austausch innerhalb der Behörde, die Kommunikation mit der Polizei und Sicherheitsbehörden anderer Bundesländer und des Bundes berichten. Raupach war seit April 2016 kommissarischer Behördenleiter und wurde vom Berliner Senat im November 2017 zum Leiter der Staatsanwaltschaft ernannt.

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