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Das Wandgemälde „Face Time“ an der Heinrich-Heine-Straße in Mitte

© Various & Gould

Anlässlich des Berlin-Marathons: Werbeagentur will Wandgemälde übermalen – Künstlerduo macht mobil

Ein großes Wandkunstwerk in der Heinrich-Heine-Straße sollte anlässlich des Berlin-Marathons übermalt werden. Die Künstler wehrten sich, können zwar aufatmen – aber nur vorerst.

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Ein großes, buntes Gesicht prangt an der Hauswand auf der Heinrich-Heine-Straße 36 in Berlin-Mitte. Als das Haus im Sommer 2015 fertiggestellt wurde, bemalte das in Berlin ansässige Künsterduo „Various & Gould“ die 350 Quadratmeter große Seitenwand mit. Zwanzig Gesichter fügten sie zu der Collage „Face Time“ zusammen.

Das Gemälde ist allerdings gefährdet – oder war es zumindest. Nach Informationen des Tagesspiegels plante die Agentur „Xi Desing“, das Wandgemälde anlässlich des Berlin-Marathons zu übermalen. Ein Bild des Läufers Eliud Kipchoge sollte stattdessen die Fassade schmücken.

Die Agentur hatte dazu bereits eine Nutzungsvereinbarung mit der Eigentümergemeinschaft geschlossen. Dem Künstlerduo boten sie eine neue Wand an, alternativ eine Entschädigung von 5.000 EUR. Zwischenzeitlich verhandelten die Agentur und das Künstlerduo über einen Kompromiss, der aber scheiterte.

Hinter dem Projekt würde auf jeden Fall viel Geld stecken.

Künstlerduo Various & Gould

Auf dem Bild sollte keine Werbung zu sehen sein und keine Markenlogos. Inwieweit das Bild dennoch Werbezwecken dienen sollte und wer es finanzierte, ist unklar. Das Künstlerduo sagt, dass es sich jedenfalls um verkappte Werbung handeln dürfte: „Hinter dem Projekt würde auf jeden Fall viel Geld stecken.“

„Xi Desing“ wollte sich zunächst nicht äußern. Das Geschäftsmodell der Firma besteht jedoch darin, gemeinsam mit Künstler:innen Werbung für Außenwände zu entwerfen und zu realisieren. „Xi Desing“ bezeichnet sich selbst als „Marktführer für handgemalte Außenwerbung“ und „Bindeglied zwischen Marke und Konsument“.

Kunst oder Werbung

„Various & Gould“ haben an sich nichts dagegen, dass die Fassade übermalt wird: „Das ist nicht unsere Wand. Wir haben die nur bemalt. Wenn die Hausgemeinschaft gesagt hätte, sie wollen jetzt andere Künstler:innen an dieser Wand beauftragen, dann hätten wir nichts gesagt“. Ihnen gehe es um etwas anderes, „dass eine Werbeagentur nicht Kunst killt“.

Das Künstlerduo machte auf Instagram auf die drohende Übermalung aufmerksam. In einem Video wandten sie sich gestern Abend direkt an BMW und Adidas, zwei der Sponsoren des Berlin-Marathons. Sie erklärten, dass eine Werbeagentur ihr Wandgemälde übermalen wolle, obwohl es genug andere leere Wände in der Stadt gäbe. „Vielleicht könnt ihr mal mit der Agentur reden. Auf uns hören die nicht.“

Aufregung bei Instagram

Auf ihr Video erhielten die beiden Künstler:innen viel Solidarität“ „Da bin ich fassungslos. Für schnöde Werbung soll die Kunst weg??!“ und „Bin total bei euch, sch… commerz,“ heißt es in den Kommentaren.

Ob es an der öffentlichen Solidarisierung oder anderen Gründen liegt, ist unklar: Die Künstler:innen von Various & Gould müssen sich um ihr Kunstwerk erstmal keine Sorgen machen: „Unsererseits sind derzeit an diesem Standort keine neuen Kunstbemalungen geplant,“ erklärte „Xi Desing“ auf Anfrage. „Face Time“ ist also gerettet, zumindest vorerst.

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