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Schulleiter Mathias Hörold steht in schimmelbelastetem Raum.

© Doris Spiekermann-Klaas

Größte Grundschule Berlins verschimmelt: Anna-Lindh-Schule teils geschlossen – Sanierung teurer als Neubau

Teile der Anna-Lindh-Schule müssen wegen Schimmel gesperrt werden. Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes kostet 60 Millionen Euro – mehr als ein Neubau.

Sieht so ein Ort der Bildung aus? Der Putz ist ab, ein fleckiger Teppich aus dunklem Schimmel bedeckt Teile des Bodens, die Fenster der Turnhalle bröckeln, der Keller ist gesperrt – und ab sofort auch der gesamte Gebäudeteil 2 der Anna-Lindh-Schule in Mitte, wie am Dienstag bekannt gegeben wurde. Ein Ort der Schimmelbildung.

Mittes Stadträtin für Schule und Sport Stefanie Remlinger (Grüne) und der Schulleiter Mathias Hörold luden am Mittwoch zu einer Pressekonferenz samt Schulbegehung ein. Schon von außen fallen die beschädigten Fenster, Schmierereien an den Außenwänden, abblätternde Farbe und Baustellenabdeckungen auf.

In einem Gebäude sowie im Lehrerzimmer der Grundschule wurden grenzwertüberschreitende Schimmelbelastungen festgestellt. „Schockierend“, nennt Remlinger die Messergebnisse. Denn es wurde dort gemessen, wo zuvor bereits Sanierungen zur Schimmelbekämpfung stattgefunden hatten. Nun sind Messungen im gesamten Schulgebäude angesetzt.

Die insgesamt 280 Schüler:innen, die zuvor im belasteten Gebäudetrakt unterrichtet wurden, müssen nun an einem anderen Ort unterrichtet werden. Doch die größte Grundschule Berlins hat nur Kapazitäten für einen kleinen Teil der Betroffenen. Deshalb heißt es für 250 der Grundschüler:innen ab dem 22. August: umziehen.

Aber nach Möglichkeit nur in einem Umkreis von drei oder vier Kilometern, wie Stefanie Remlinger versichert. Man suche nach Ausweichmöglichkeiten und hoffe, schon in den kommenden Tagen einen entsprechenden Mietvertrag unterschreiben zu können. Die Kosten für die Miete und den Transport der Schüler:innen zum neuen Standort könne man nicht beziffern.

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Man wolle den Mietvertrag nicht gefährden und weitere Preissteigerungen vermeiden, erklärt Remlinger: „Unsere Verhandlungsposition ist schlecht genug“. Die Unterbringung der Schüler:innen soll laut Remlinger bis zum Abschluss der Sanierungen erfolgen. Eine Container-Lösung sei wegen des Zeitmangels nicht möglich.

Sanierung ist doppelt so teuer wie Abriss und Neubau

Die Anna-Lindh-Schule wurde eigentlich erst 2020/21 saniert. In den vergangenen fünf Jahren flossen 5,3 Millionen Euro in die Erneuerung der Gebäude aus den 50er Jahren. Zuletzt wurden während dem laufenden Schulbetrieb das Dach sowie die Turnhalle saniert, die Bauarbeiten pausieren nun aber. Mittes Schulstadträtin habe die Schule in die Investitionsplanung ab 2024 aufgenommen, die aber noch nicht beschlossen sei.

Die Anna-Lindh-Schule müsse grundsaniert werden, das würde im Normalfall acht bis neun Jahre dauern. Die Kosten würden sich auf etwa 60 Millionen Euro belaufen. Ein Abriss und Neubau sei derzeit nicht möglich, da sie unter Denkmalschutz steht.

Der Neubau einer Grundschule koste im Normalfall, sagte Remlinger, 30 bis 40 Millionen Euro und wäre somit günstiger als ein erneuter Sanierungsversuch. Schneller sei das auch. Sie spräche sich dafür aus, die Debatte über den Denkmalschutz noch einmal anzustoßen, fügt die ehemalige Berliner Abgeordnete hinzu.

„Der bauliche Zustand der Schule ist schlecht. Sehr, sehr schlecht“, sagt Schulleiter Hörold. Derzeit sei ein moderner Unterricht aufgrund der Raumsituation nicht möglich. Wenn so viel Geld ausgegeben würde, fährt Mathias Hörold fort, erwarte man, am Ende des Prozesses auch über ein modernes Schulgebäude zu verfügen, das heutigen Anforderungen entspräche.

Lehrkräfte klagten über Atemwegsbeschwerden

Mehrere Lehrkräfte hätten wegen der maroden Gebäude schon einen Versetzungsantrag gestellt. Andere hatten über Atemwegsbeschwerden geklagt und unterrichteten seitdem nur noch in anderen Gebäudetrakten. Schüler:innen seien bislang jedoch nicht in unbelastete Gebäudeteile umgezogen. Es ließe sich nicht ausschließen, dass dadurch gesundheitliche Schäden entstanden seien, gibt Remlinger zu.

Laut der Bildungsstadträtin sei der Unterrichtsablauf durch den Ausweichstandort nicht gefährdet. Sie hoffe, dass dort Fachräume eingerichtet werden könne. Nur für den Sportunterricht müsse noch eine Lösung gefunden werden. Jarko Hennig von der Schulaufsicht erklärte jedoch, dass das Projekt für die Hochbegabtenförderung an der Anna-Lindh durch den Umzug möglicherweise gefährdet sei.

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Der Schulversuch zur jahrgangsübergreifenden Förderung sei an der Grundschule in Berlin einmalig. Sollten die fünften und sechsten Klassen wie geplant umgesiedelt werden, würde das den Versuch vor große Herausforderungen stellen – zum Nachteil der hochbegabten Schüler:innen.

Bei der Gebäudebegehung erklärt Hörold, dass der Keller bereits seit 2021 gesperrt sei, weil Feuchtigkeit durch die Wände drang. Seitdem mangelt es auch an Lagermöglichkeiten in der Schule. Nun sind insgesamt 20 Räume unbenutzbar. Wann 280 Grundschüler:innen dort wieder lernen können bleibt offen.

Carla Siepmann

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