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Grüne Dächer und Fassaden, Solarzellen, Dämmung – schön, aber teuer.

©  Stephanie Pilick/p-a/dpa

Senat beschließt Bau-Novelle: Bauen wird teurer – Berliner Wohnungsverband kritisiert Geisels Gesetz

Der Senat hat die Bauordnung novelliert und zieht damit den Unmut der Wohnungsbranche auf sich. Sie sagt: Bauen und Wohnen wird so noch teurer.

Eher ein fauler Kompromiss als der große Wurf. So wirkt eines der zentralen Senatsprojekte für dessen erste hundert Tage: die Novelle der Bauordnung. Diesen Eindruck erweckte der zuständige Bausenator Andreas Geisel bei der Vorstellung des Beschlusses in der Senatspressekonferenz, der zerknirscht sagte: "Die Kritik der Bauwirtschaft ist nachvollziehbar".

Dennoch sei die Bauordnung so beschlossen worden. Geisels Begründung: Die Novelle "zeigt den Zielkonflikt, schnell und preiswert zu bauen, aber gleichzeitig den Anforderungen an die Gebäude gerecht zu werden, Wasserhaushalt und Temperaturhaushalt in der Stadt zu berücksichtigen".

Deutliche Kritik kam dagegen vom üblicherweise diplomatisch formulierenden, größten regionalen Wohnungsverband BBU: "Diese Bauordnungsnovellierung wird Bauen in Berlin weiter erschweren und verteuern."

Der Druck, viele und günstige Wohnungen in kürzester Zeit zu errichten, sei schon vor der Novelle "sehr hoch" gewesen. Infolge des Krieges in der Ukraine und dem dadurch verursachten Zustrom von Geflüchteten steige der Druck zusätzlich. "Wenn auf der anderen Seite die Kosten aber weiter steigen, wird man letztlich auch über eine bessere Landesbauförderung sprechen müssen."

Begrünung und Barrierefreiheit werden Pflicht

Teurer macht die Novelle das Bauen, weil es eine Pflicht zur Schaffung von Grünflächen bei Neubauten einführt. Falls diese nicht auf dem Grundstück möglich ist, müssen Dach und Fassade begrünt werden. Zudem müssen ab Januar 2025 zwei Drittel aller neu gebauten Wohnungen barrierefrei sein. Beide Regulierungen hatte die Wohnungsbranche kritisiert.

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Zumal der Krieg die bereits zuvor drastisch steigenden Baupreise zusätzlich antreibt. Denn 30 Prozent des Stahls für den Wohnungsbau kommen aus der Ukraine und 70 Prozent des Holzes für Baustellen aus Russland. Der Krieg kappt diese Lieferbeziehungen.

Den Ausweg aus diesem Dilemma sieht Geisel darin: Bauen in Berlin ganz ohne Regulierungen. Der Senat setzt seine Hoffnungen in Zeiten von Krieg und Flüchtlingswanderungen auf den Bund. Dieser soll wie vor rund fünf Jahren während der Syrien-Krise eine Notverordnung erneut in Kraft setzen: Paragraf 246 Absatz 14 der Bauordnung.

"Sonderbaurecht" zugunsten der Geflüchteten

Diese könnte erneut kommen, befristet auf drei Jahre – damals galt die Regelung von 2016 bis 2019. Und dieses "Sonderbaurecht" würde alle Prüf- und Abwägungsfragen etwa zur Begrünung, zur Schaffung von Verkehrswegen und Bildungseinrichtungen, zur Achtung des Naturschutzes sowie zur Abstimmung mit Nachbarbauten vorläufig aufheben. Unverzüglich könnten die Bagger anrollen, um Wohnungen für Geflüchtete zu schaffen.

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Auf diesem Wege waren bereits 27 von 60 Wohnanlagen während der Syrien-Krise in kürzester Zeit errichtet worden. Gegen jede dieser Anlagen hatten Nachbarn geklagt – und waren allesamt vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert, so Geisel. "Auch dieses Mal wird es nicht ohne Streit abgehen". Aber es gehe um "Menschen in Notsituation, geflüchtete Menschen" und das rechtfertige die Außerkraftsetzung von Planungsrecht.

Zumal dies nicht bedeute, dass ohne Recht und Verstand vorgegangen werde: Alle der 33 möglichen Bauflächen kämen erneut auf den Prüfstand und die mutmaßlich verträglichsten Projekte würden realisiert.

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