
© Landkreis Märkisch-Oderland
Lieber Schafe als Industrie an der A10: Berlin blockiert Ausbau von Gewerbegebiet in Brandenburg
Der Landkreis Märkisch-Oderland würde den Berliner Stadtgütern gern ein Grundstück abkaufen. Der Senat stellt sich quer.
Stand:
Wo Stadtleben direkt auf Landleben trifft, ergeben sich mitunter reizvolle Kontraste – so zum Beispiel in der Gemeinde Fredersdorf-Volgelsdorf vor den östlichen Toren Berlins. An dem Ort, wo die Bundesstraße B1/B5 den Ring A10 kreuzt, kann man auf dem Google-Satellitenfoto eine Schafsherde auf einer Weide erkennen. Gleich daneben macht sich Gewerbe breit: Stahlhändler Lenz hat seine Halle neben der von Schrott-Wetzel stehen. Schrauben-Würth sitzt am Ende der Industriestraße. Und in normalen Zeiten treffen sich alle beim örtlichen Imbiss „Zur kleinen Pause“.
Der Landkreis Märkisch-Oderland würde diese Weide gern planieren, um Platz zu schaffen für noch mehr steuerzahlende Gewerbetreibende, die die verkehrsgünstige Lage schätzen. Das Areal liegt keine 20 Autobahnminuten nördlich der geplanten Tesla-Fabrik. Das Problem: Das Landwirtschaftsidyll gehört der Berliner Stadtgüter GmbH. Und die will es nicht verkaufen.
Rainer Schinkel, Kämmerer und Amtsleiter des Wirtschaftsamtes im Kreis hat in den vergangenen zwei Jahren intensiv mit den Verantwortlichen in Berlin verhandelt. „Es wäre eine Win-Win-Situation für Berlin und Brandenburg“, meint er und erinnert daran, dass es immer wieder Unternehmen in Berlin gab und gibt, die Platz brauchen und besser vor die Tore der Stadt ziehen – als ganz woanders hin. Schinkel nennt Berliner Erfolgsgeschichten wie das Modeunternehmen Clinton (Marke „Camp David“) oder die ContiTech, die nun in Hoppegarten residieren.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
„Wir sehen uns an den Beschluss der Koalition und des Senats gebunden, grundsätzlich keine Grundstücke mehr zu verkaufen“, sagt Barbro Dreher, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtgüter. Das landeseigene Unternehmen verwaltet insgesamt 16.400 Hektar, eine Fläche, die fast so groß ist wie der Bezirk Treptow-Köpenick.
Aus Sicht der Berliner Verwaltung könne es in Einzelfällen Sinn ergeben, von dem Beschluss abzuweichen. „Aber nur, wenn Berlin dafür eine adäquate Ausgleichsfläche mit Bezug zu Flächen der Stadtgüter zum Tausch erhält.“ Die könne ja auch in einem anderen Kreis im Berliner Umland liegen. In diesem konkreten Fall habe Märkisch-Oderland zum Tausch für die 34 Hektar große Weide lediglich einen Hektar geboten. „Das kann man niemandem im Senat oder Parlament vermitteln“, sagt Dreher.
Schinkel kann weder eine stadtnahe größere Fläche zum Tausch bieten, noch möchte er für den Kreis einen Erbbaupachtvertrag abschließen. Dann könne er nämlich keine GRW-Fördermittel von Bund und Land Brandenburg zur Erschließung verwenden. Staatssekretärin Dreher sieht hier wenig Chancen für einen Deal, zumal Berlin und Brandenburg vereinbart hätten, sich in der Förderpolitik keine Konkurrenz zu machen. Auch verfüge Berlin selbst noch über freie Flächen – in Marzahn und Adlershof zum Beispiel. „Wir als Berliner Wirtschaftsverwaltung kümmern uns vornehmlich um die Ansiedlung von Gewerbe in Berlin“, stellt sie klar.
Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der oppositionellen CDU im Abgeordnetenhaus, hält den Standpunkt für falsch. "Berlin könnte mit der Beteiligung an neuen Grundstücken finanziell und von neuen Arbeitsplätzen in der Region profitieren." Dass gerade Berlins Wirtschaftsverwaltung hier "nur im Schneckentempo vorankommt, oder möglicherweise gar nicht agiert, ist traurig", meint Gräff.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: