zum Hauptinhalt
Viel zu voll hier – zu Zehntausenden ziehen die Berliner ins Umland, deshalb wächst die Hauptstadt so langsam wie zuletzt im Jahr 2011.

© picture alliance / Lonely Planet

Update

Berlin boomt nicht mehr: Die Zahl der Neuberliner ist so niedrig wie vor fast zehn Jahren

Die Hauptstadt wuchs zuletzt kaum noch. Anders sieht es bei Brandenburgs Gemeinden im Speckgürtel aus.

Das geringste Wachstum der Berliner Bevölkerung seit fast zehn Jahren meldet das Amt für Statistik für Berlin - sind die fetten Jahre vorbei? Ganz genau 11.700 Personen mehr als im Januar 2019 lebten Ende September vergangenen Jahres in Berlin: 3,656 Millionen insgesamt. Im Vergleichszeitraum 2018 waren es noch ein Plus von 20.000 Menschen.

Zahlen für das ganze Jahr liegen noch nicht vor, aber die ersten neun Monate zeigen aufschlussreiche Trends auf. „Das ist der geringste Bevölkerungszuwachs seit dem Zensus 2011“, hieß es. Ohne Zuzug aus dem Ausland wäre die Bilanz sogar negativ. „Der Rückgang der deutschen Bevölkerung wird weiterhin durch das Wachstum der ausländischen mehr als ausgeglichen“, heißt es weiter.

Vor allem Ausländer kommen

Auf die Alterung der Bevölkerung ist der Knick im Bevölkerungswachstum nicht zurückzuführen. Erneut kamen im vergangenen Jahr mehr Neuberliner in der Stadt auf die Welt als Berliner starben: 24.700 Kinder erblickten das Licht der Welt, 100 mehr als Berliner mit deutscher Staatsangehörigkeit im vergangenen Jahr starben.

Vor allem dem Zuzug aus dem Ausland ist das positive Saldo bei der Bevölkerung zurückzuführen: Insgesamt seien mehr als 23.000 Ausländer mehr nach Berlin gezogen als in den ersten drei Quartalen fortzogen. Der Geburtenüberschuss bei Berlinern ohne deutschen Pass betrug 3400 Personen.

Das Wachstum betrug mal 50.000 im Jahr

Hat Berlin an Anziehungskraft verloren und knickt deshalb die Bevölkerungsentwicklung so deutlich ein? Vor wenigen Jahren wuchs die städtische Bevölkerung um mehrere zehntausend Menschen jährlich. Am stärksten war Berlin in den beiden Jahren 2015 sowie 2016 gewachsen, als die Bevölkerungszahl um jeweils mehr als 50.000 Neuberliner zunahm von Januar bis Dezember.

[Wo ist was los in Berlin? Wo werden Wohnungen gebaut, wo die besten Partys geschmissen? In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Viele der Neuberliner waren damals Flüchtlinge aus den Krisengebieten Afrikas und dem Nahen Osten. Nach der Schließung der Balkanroute und strikteren Regeln für die Aufnahme von Flüchtlingen, profitierte Berlin noch von einer starken Zuwanderung innerhalb der EU.

Vor allem Menschen aus Osteuropa  zog es in die Hauptstadt, in der Summe aber mit abnehmender Tendenz: Vor zwei Jahren wuchs die Bevölkerungszahl noch um fast 40000 Menschen, im Jahr 2018 lag das Plus nur noch bei gut 31000 Personen.

„Der Rückgang der deutschen Bevölkerung ist auf die anhaltend hohe Abwanderung nach Brandenburg zurückzuführen“, heißt es beim Amt. Rund 12.600 Einwohner verlor Berlin im Saldo von Zuzügen und Fortzügen an den benachbarten Flächenstaat. Auch gegenüber den übrigen neuen Ländern verlor Berlin an Einwohnern (minus 1100 Personen), auch zog es mehr Menschen ins Ausland als von dort nach Berlin kamen (3500 Personen). „Wanderungsgewinne“ gab es dagegen gegenüber den alten Bundesländern: ein Plus von 4200 „Westdeutschen“ zählten die Statistiker.

Alle wollen ins Umland

Profitieren kann von dieser Entwicklung Brandenburg - und zwar vor allem das Umland der Hauptstadt. Monatlich ziehen fast 1100 Menschen mehr nach Potsdam, Teltow und in die anderen Gebiete am Stadtrand als von dort in die Stadt.

44 Gemeinden im Verflechtungsgebiet rund um Berlin melden ein Wachstum der Bevölkerung: Teltow allen voran, das um 1000 Menschen um mehr als vier Prozent wuchs, aber auch Potsdam (plus 0,8 Prozent) wächst weiter.

Allgemein gilt für Brandenburg: Je schlechter die Gemeinden an Berlin angebunden sind, desto schlechter die Bevölkerungsentwicklung. Cottbus beispielsweise verliert seinen Status als Großstadt, weil es fast 600 Einwohner verlor und damit die für Großstädte kennzeichnende Schwelle von 100.000 Personen unterschritt. Den höchsten Bevölkerungsgewinn in dem "Weiteren Metropolenraum" (ohne Berliner Umland) verzeichnete die Stadt Eberswalde (plus 371 Menschen).

Zur Startseite