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Alles im Fluss. Künftig will das Land Berlin wieder mehr Anteile an den Berliner Wasserbetrieben halten. Das Rückkauf-Geschäft soll über die Investitionsbank Berlin abgewickelt werden, um den Landeshaushalt nicht weiter zu belasten.

© dpa

Rückkauf der RWE-Anteile: Berlin holt sich sein Wasser zurück

Rückkauf des RWE-Anteils an dem Versorgungsunternehmen vor den Sommerferien scheint möglich. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat intern seinen Segen gegeben. Die CDU ist nicht ganz so euphorisch.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es sieht ganz so aus, als ob der Senat noch vor den Sommerferien beschließen wird, die Anteile des Energiekonzerns RWE an den Wasserbetrieben zurückzukaufen. Und zwar mit dem Segen der Koalitionsfraktionen SPD und CDU. Für das Anteilspaket (24,9 Prozent) muss das Land Berlin einschließlich aller Nebenkosten 645 Millionen Euro zahlen. Der Preis ist abschließend ausverhandelt. Das Geschäft soll über die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) abgewickelt werden, um den Landeshaushalt nicht zu belasten.

Der Kredit zu günstigen Zinsen wird aus dem Jahresgewinn finanziert, der bisher RWE zustand. Das sind rund 65 Millionen Euro. Der Kaufpreis kann also innerhalb eines überschaubaren Zeitraums abgestottert werden. Sollten die Wasserpreise in den nächsten Jahren sinken, und damit auch die Gewinne, müsste der Finanzierungszeitraum verlängert werden, sagt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). Das sei für den Rückkauf aber keine unüberwindbare Hürde.

Es gibt noch einen zweiten privaten Miteigentümer, das französische Unternehmen Veolia, das seinen Anteil von 24,9 Prozent behalten wird und gern einen Teil des RWE-Pakets übernommen hätte. Daraus wird vorerst nichts. Der Preis für eine höhere Beteiligung wäre, so verlautet aus Regierungskreisen, ein neu ausgehandelter Konsortialvertrag, der die höchst umstrittenen Privatisierungsverträge von 1999 ersetzt. Ob Veolia mitzieht, oder ob es zu einem Crash zwischen öffentlichem Mehrheits- und privatem Minderheitseigner kommen wird, ist schwer einschätzbar. Das Unternehmen äußert sich derzeit nicht.

„Wir holen uns ein Stück öffentlicher Daseinsvorsorge zurück“, jubelt der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz, der eine Arbeitsgruppe seiner Fraktion zur Rekommunalisierung leitet. „Wir befürworten ganz klar den Rückkauf der RWE-Anteile.“ Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat intern auch seinen Segen gegeben. Der Koalitionspartner CDU ist nicht ganz so euphorisch, aber weder die Unionsfraktion noch Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos) werden ihr Veto einlegen, wenn die Konditionen stimmen.

Ein bisschen drängt die Zeit. Denn für den Rückkauf mit fremdem Geld muss das Land Berlin im Rahmen des Haushaltsgesetzes eine Bürgschaft übernehmen. Am 14. Juni soll der Etat für 2012/13 vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Spätestens dann sollten die Verträge unter Dach und Fach sein. Werden sie wohl auch. „Das Geschäft ist alternativlos“, sagt der SPD-Beteiligungsexperte Jörg Stroedter. „Und der Kaufpreis ist angemessen.“

Grüne und Linke sehen das anders. Der Preis für den Rückkauf sei viel zu hoch, sagt die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche. Das wirke dem Ziel, die Wasserpreise zu senken, entgegen. Auch der Rechtspolitiker der Linken, Klaus Lederer, will „keine Katze im Sack kaufen“. Finanzsenator Nußbaum gibt der Opposition insofern Recht, als auch er keinen direkten Zusammenhang zwischen der angestrebten Rekommunalisierung und niedrigeren Wasserpreisen sieht. „Die Tarife hängen von den Erlösen der Wasserbetriebe ab, nicht vom Rückkauf des Eigentums“, sagte er am vergangenen Donnerstag im Parlament.

Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Im laufenden Jahr schüttet das Unternehmen an die Eigentümer über 250 Millionen Euro Gewinne aus. Davon fließen 123 Millionen Euro in den Landeshaushalt. Sollte sich das Bundeskartellamt mit seiner Forderung durchsetzen, dass die Trinkwasserpreise bis 2015 um 20 Prozent gesenkt werden, müsste Berlin auf über 30 Millionen Euro jährlich verzichten. Auch die Gewinne aus dem übernommenen RWE-Anteil würden entsprechend geschmälert. Dem Finanzsenator gefällt das nicht. Seine Devise: Schon eine langfristige Stabilisierung der Wasserpreise wäre doch eine schöne Sache.

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