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A woman sitting alone and depressed in window light

© Getty Images/Marjan Apostolovic

Berlin kürzt beim Gewaltschutz: Das bedeuten die Einsparungen für Projekte zum Schutz von Frauen

Die Zahl der von Gewalt betroffenen Frauen in Berlin steigt seit Jahren auf immer neue Rekordwerte. Für Schutz- und Präventionsprogramme haben die Kürzungen teils drastische Auswirkungen. 

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Der Berliner Senat will die Mittel für den Gewaltschutz im kommenden Jahr kürzen – obwohl die Zahl der von Gewalt betroffenen Frauen einen neuen Rekordwert erreicht hat. Für die verschiedenen Schutz- und Präventionsprogramme hat das teils dramatische Auswirkungen.

Nua Ursprung, Sprecherin der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG), schildert am Telefon, dass die Notrufhotline zwar rund um die Uhr erhalten bleibe. Allerdings müssten bei vielen Projekten Personalstellen gekürzt werden. „Das betrifft etwa unsere Mitarbeiterinnen, die Frauen zu Terminen bei der Polizei oder beim Jugendamt begleiten“, sagt Ursprung.

Generell sei das Problem, dass die meisten Träger aus den vorhandenen Mitteln nur Miete und Personal bezahlen würden. „Da gibt es nicht viele Kosten, die man verschieben kann“, sagt Ursprung. Zwar würden einige Träger nun probieren, etwa bei der Software zu sparen. Aber das reiche kaum aus.

Gekürzt wird auch bei konkreten Hilfsangeboten: Die Leiterin des Frauenhauses der Caritas berichtet, dass zwei Stellen im kommenden Jahr gestrichen werden müssen. Betroffen sei etwa eine Stelle für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen im Haus. Zwar sei die Position aktuell nicht besetzt, der Bedarf aber weiter vorhanden, sagt sie.

Eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Gleichstellung bestätigt auf Anfrage, dass bei sämtlichen geförderten Projekten im Anti-Gewalt-Projekt im kommenden Jahr pauschal um zwei Prozent gekürzt werden soll. Sie spricht von einem „ausgewogenen und solidarischen Ansatz“: Mit diesem Vorgehen könne die Vielfalt der Frauenprojekte erhalten bleiben. Konkret gehe es, je nach Projekt, um 400 bis 40.000 Euro.

Laut der Sprecherin handele es sich um einen „differenzierten und transparenten Umgang“ mit den Einsparvorgaben. Bei kleineren Projekten würde teils kaum oder gar nicht gekürzt. Zudem stehe den Projektträgern frei, an welchen Stellen konkret gespart wird.

Ab 2027 sollen Bundesmittel zur Verfügung stehen

Gekürzt werde insbesondere auch bei Stellen und Projekten, die noch nicht begonnen hätten: So seien etwa Projekte verschoben worden, mit denen in Berlin die Istanbulkonvention zum besseren Schutz von Frauen umgesetzt werden soll. Hierfür stünden dann ab 2027 Bundesmittel zur Verfügung. Außerdem seien einige Projekte im Bereich Arbeitsmarktpolitik und Sexarbeit vollständig gestrichen worden.

Tatsächlich zeigt ein Blick auf die Zahlen der Senatsverwaltung, dass der Etat ab 2027 wieder steigt: So stehen 2026 mit rund 36,5 Millionen Euro rund zwei Millionen weniger als 2025 zur Verfügung. Im darauffolgenden Jahr steigt die Summe dann auf rund 42 Millionen Euro an.

Zur Wahrheit gehört auch: In den vergangenen Jahren ist der Etat stetig gewachsen. 2020 standen für Frauenprojekte im Bereich Gewaltschutz, Migration und Menschenhandel 16,5 Millionen Euro zur Verfügung – also weniger als die Hälfte.

„Es ist uns bewusst, dass die Kürzungen für die Projekte mit schwierigen Entscheidungen und Einschränkungen im Angebot verbunden sind. Unser Haus bedauert diese Situation und die Entscheidungen sind nicht leicht gefallen – insbesondere in einer Zeit, in der die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen weiter steigt“, schreibt die Sprecherin.

Nua Ursprung von BIG lässt die Anmerkungen nicht gelten: Faktisch würden die Kürzungen keine zwei Prozent bedeuten, weil von veralteten Bedarfen ausgegangen werde. Die Kosten für Mieten und Personal seien seither angestiegen. „Bei vielen Projekten entspricht das real eher fünf Prozent“, sagt sie. Ähnliches bestätigt auch die Leiterin des Caritas-Frauenhauses.

Zudem gebe es bei den Projekten eh bereits seit Jahren einen Mangell. So müssten Betroffene etwa bei Beratungsangeboten jetzt schon Wochen auf einen Termin warten. „Dabei brauchen sie den eigentlich am nächsten Tag“, sagt Ursprung.

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