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Berlins Regierender Bürgermeister (SPD) begibt sich freiwillig vier Tage in Quarantäne.

© AFP/John MacDougall

Update

Berlin sagt Sitzung des Abgeordnetenhauses ab: Michael Müller begibt sich in Quarantäne

Der israelische Botschafter wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Er war zuvor Gast im Abgeordnetenhaus und hatte Kontakt zum Regierenden Bürgermeister.

Von Ronja Ringelstein

Das Coronavirus hat die Berliner Politik erreicht. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) begibt sich für die nächsten vier Tage in Quarantäne. Die Sitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag ist abgesagt. Der Grund: Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff ist positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das geht aus einer Mail hervor, die der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), an Abgeordnete verschickt hat und die dem Tagesspiegel vorliegt. Für Berlin hat das weitreichende Folgen. Denn Issacharoff hatte am 9. März an der Veranstaltung des Abgeordnetenhauses zur Enthüllung des Ehrenbürger-Porträts der 98-jährigen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer teilgenommen.

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Bei der Veranstaltung anwesend waren 140 Gäste, darunter Michael Müller, der Präsident des Abgeordnetenhauses sowie die Vizepräsidentinnen und weitere Präsidiumsmitglieder und Fraktionsvorsitzende wie Burkard Dregger (CDU), Silke Gebel (Grüne) und Raed Saleh (SPD), aber auch andere Abgeordnete.
Ralf Wieland informierte die Abgeordneten des Berliner Parlaments in einer Mail am Mittwochmittag über den Umstand und sagte: „Wir nehmen mit dem als Veranstalter zuständigen bezirklichen Gesundheitsamt Kontakt auf. Weitere Informationen folgen so schnell wie möglich.“

Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff war kürzlich im Abgeordnetenhaus bei der Enthüllung eines Porträts der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer.
Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff war kürzlich im Abgeordnetenhaus bei der Enthüllung eines Porträts der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer.

© Tobias Schwarz/AFP

Michael Müller bleibt vier Tage freiwillig zu Hause

Die Teilnehmenden sollten am Mittwochnachmittag einen Fragebogen des Gesundheitsamts ausfüllen und dort ihre Gefährdung selbst einschätzen und angeben, ob sie direkten Kontakt zu der infizierten Person hatten. Im Anschluss daran wird das Gesundheitsamt Corona-Tests und für einige Quarantäne anordnen - bisher ist dies noch nicht geschehen.

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Michael Müller hatte am Mittwochmittag in einer gemeinsamen Sondersitzung mit dem Brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) über ein möglichst einheitliches Vorgehen der Länder in der Coronakrise beraten – und dabei über eine Stunde Seit’ an Seit’ mit seinem Amtskollegen gestanden. Danach ist er nach Informationen des Tagesspiegels nach Hause gefahren und wird nun auch vier Tage dort bleiben und einen Corona-Test machen. Da bislang keine Quarantäne angeordnet wurde, ist dies eine freiwillige Maßnahme des Regierenden. Am Montag sind zwei Wochen seit der Veranstaltung mit dem israelischen Botschafter um - dann ist die Inkubationszeit vorbei. Laut Senatssprecherin Melanie Reinsch werden sich auch die Bürgermeister Klaus Lederer (Linke) und Ramona Pop (Grüne) sowie Abgeordnetenhauspräsident Ralf Wieland testen lassen. Reinsch wies noch darauf hin, dass Müller keinerlei Erkrankungsanzeichen aufweise: "Ihm geht's sehr gut."

Die Grünen wollen die Plenarsitzung auf nächste Woche verschieben

Eigentlich sollte Müller am Donnerstag im Plenum eine Regierungsansprache halten. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus drängt darauf, dass die Sitzung des Parlaments nicht abgesagt, sondern auf den kommenden Donnerstag verschoben wird. Das solle der Ältestenrat in einer Sitzung am Montag beschließen, heißt es aus Fraktionskreisen. Ob der Parlamentspräsident dem Wunsch nachkommt, ist offen. Auch Silke Gebel, Fraktionschefin der Grünen, befindet sich derzeit noch bis Montag in Quarantäne, sie hatte Kontakt zu einem Infizierten gehabt, ihr Testergebnis aber sei negativ gewesen.

Kommt nun doch ein Notparlament?

Die Frage nach der Beschlussfähigkeit des Parlaments wird die Abgeordneten nun aber weiter umtreiben. Mit 81 Abgeordneten von 160 ist die Beschlussfähigkeit gesichert – dies kann aufgrund der Covid-19-Pandemie aber schnell ins Wanken geraten. Die SPD-Fraktion hatte einen Vorstoß für eine kurzfristige Änderung der Landesverfassung gemacht, um ein Notparlament einsetzen zu können. Die CDU-Fraktion ist ebenfalls dafür. Doch Grüne, FDP und AfD hatten sich stark dagegen ausgesprochen. Vorbild für ein Notparlament sind entsprechende Regelungen in den Landesverfassungen von Sachsen und Baden-Württemberg. Cornelia Seibeld (CDU), Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses, sagte, sie habe Sorge, dass das Parlament nicht mehr lange beschlussfähig bleibe. Doch ein Notparlament sollte man nur einvernehmlich mit allen Fraktionen beschließen.

Alle aktuellen Entwicklungen zur Corona-Krise in Berlin lesen Sie hier in unserem News-Blog.

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