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Berlin: Berlin, Titisee, Neuschwanstein

Erstmals dürfen chinesische Pauschaltouristen nach Deutschland – gestern waren sie in der Stadt

Wegen der Mauer sind die Chinesen wohl nicht nach Berlin gekommen – die haben sie ja selber höher, länger und breiter, als wir sie je bieten konnten. Was also machen chinesische Touristen in Berlin? Sie gehen zum Chinesen: Mittagessen. Gestern, in der Leipziger Straße. Danach empfing Klaus Wowereit sie im Wappensaal des Roten Rathauses. Weil sie die ersten chinesischen Touristen sind, die mit einer Pauschalreise nach Berlin kamen. Und weil die reiselustigen Chinesen allein dank ihrer großen Zahl alle Berliner Hotels über Jahrhunderte auslasten könnten. Doch erst seit Sonnabend dürfen betuchte Chinesen offiziell als Privattouristen nach Deutschland. Deshalb der große Bahnhof.

Bevor die 35 Gäste der Premierentour zum Regierenden Bürgermeister vorgelassen werden, bekommen sie strubbelige Berliner Plüschbären sowie knallrote Basecaps mit den chinesischen Schriftzeichen für „Berlin“ in die Hand gedrückt. So ausgestattet gruppieren sie sich ums Rednerpult, von dem aus Wowereit sie herzlich begrüßt. Drei Sätze später ist er bei den Zoo-Pandas angelangt; Yan-Yans bisher vergeblich gewünschte Schwangerschaft spielt ausnahmsweise keine Rolle. Wowereit lobt die gute Zusammenarbeit der Partnerstädte Beijing und Berlin, preist die zahlreichen Opernhäuser und Brücken der deutschen Hauptstadt, kündigt die bevorstehende Eröffnung des „China-Clubs“ im Hotel Adlon an und verweist auf die 236 000 Chinesen, die allein im Jahr 2001 nach Berlin reisten – damals rein geschäftlich.

Die Dankesrede des chinesischen Botschafters Ma Canron nimmt Wowereit nur in Auszügen wahr, weil sich die Gäste nacheinander zum Zweierfoto in seine Arme begeben. Viele junge Frauen sind dabei; man trägt Digitalkamera. Wowereit lächelt routiniert über die Sprachbarriere hinweg, die Gäste strahlen, Botschafter Ma redet unbeirrt weiter.

Auch er hatte die Sprache zuvor als Hauptproblem vor allem für ältere Chinesen bezeichnet. Aber immer mehr Jüngere sprächen Englisch. So, wie die etwa 30-jährige Ma Yanli, die sich über Sehenswürdigkeiten möglichst vorher in Büchern informiert, um dann nicht an deutschen Erklärungen zu scheitern. Sie ist zum ersten Mal in Europa, mag Architektur und Landschaft. „Deutschland ist ein ruhiges Land“, sagt sie. „Ich fühle mich wohl hier.“ Über Berlin vermag sie ebenso wenig zu sagen wie ihre Mitreisenden – außer, dass zu viele Eindrücke in zu kurzer Zeit auf sie einstürzten. Kaum mehr als ein Tag ist für die Hauptstadt eingeplant.

Dafür gab es die einwöchige Deutschland-Reise zum Schnäppchenpreis von 1111 Euro. Später werden nach Auskunft des deutsch-chinesischen Veranstalters Caissa Touristic rund 1300 Euro fällig. Im Sommer will Geschäftsführer Mang Chen auch themengebundene Reisen anbieten: auf den Spuren der klassischen Musik, nach Neuschwanstein und zum Titisee, durch Weinbaugebiete sowie per Mietwagen statt wie bisher im Bus. Deutschland ist der erste EU-Staat, in den die chinesische Regierung solche Reisen erlaubt. Bald dürften weitere hinzukommen, so dass die Karawane bald vom Funk- zum Eiffelturm ziehen könnte. Bis dahin muss Berlin seinen Vorsprung ausbauen – und immer schön nett zu Besuchern aus dem Reich der Mitte sein. Guten Tag auf Chinesisch heißt: „Ni hao“.

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