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Politik bei Kölsch und Boulette. In der Ständigen Vertretung treffen sich traditionell Exil-Rheinländer.

© Laura Hofmann

NRW-Wahl in der Ständigen Vertretung: Berliner Wahlabend mit Kölsch und Boulette

In der Ständigen Vertretung am Schiffbauerdamm treffen sich traditionell Exil-Rheinländer in Berlin. Wie erleben sie den Wahlabend in der Heimat? Ein Besuch.

Von Laura Hofmann

Margot Schnorbus strahlt. „Das ist unser Traumergebnis!“, sagt die Rentnerin aus dem Sauerland, die mit ihrem Mann Wolfgang seit sieben Jahren in Falkensee lebt. An diesem Sonntag sind sie in die Ständige Vertretung am Schiffbauerdamm (StäV) gekommen. Dorthin, wo sich seit dem Regierungsumzug gerne Bonner und generell Leute aus Nordrhein-Westfalen treffen. Sie wollen die Wahl in NRW, ihrer ursprünglichen Heimat, verfolgen.

Wählen können sie dort zwar nicht mehr, doch die Politik in Düsseldorf interessiert die Wahlberliner immer noch sehr. Sie wollen, dass sich etwas ändert in NRW. Was sie denn so störe an der Regierung unter Hannelore Kraft? Sie nennen Kita-Probleme und die innere Sicherheit. Deswegen setzen sie auf Armin Laschet und auf Schwarz-Gelb. Und strahlen um 18 Uhr, als klar wird: Laschet ist Wahlsieger, die FDP zieht mit über 12 Prozent wieder in den Landtag ein.

Förster gönnt den Grünen die Wahlniederlage

Lange Gesichter nur zwei Tische weiter. Die Ehepaare Münzer und Holthausen vom Niederrhein sind enttäuscht. Das Ergebnis der SPD sei „noch schlechter als erwartet“ ausgefallen. Außerdem habe die AfD „bei der SPD gewildert“, das sei schlimm. „Man muss sich auch fragen: Was sind das für Leute, die die wählen?“. Ein bisschen Genugtuung bereitet Richard Holthausen das schlechte Ergebnis der Grünen. Ihm, der als Förster im privaten Dienst arbeitet, habe die „pseudo-ökologische Gesetzgebung“ der Partei das Leben schwer gemacht.

Das Ehepaar Schnorbus freut sich.

© Laura Hofmann

Mit der SPD-Regierung sind die vier Freunde auf Berlin-Besuch allerdings auch nicht nur zufrieden, die Schulpolitik sei schlecht gewesen, Schulen teilweise in einem "katastrophalen Zustand". Und auch beim Thema Inklusion hätte viel mehr investiert werden müssen, meint Hedi Holthausen. Vermiesen lassen wollen die vier sich ihren dreitägigen Trip durch das Wahlergebnis aber nicht.

Die alte Dame am Tresen, die Boulette isst und Kölsch trinkt, hat dagegen „alles gekriegt, was ich wollte“. Eine starke FDP hatte sie sich gewünscht, seit Jahren wähle sie die Liberalen, denn sie sei „gerne selbständig“, wolle selber über ihr Leben entscheiden – und das habe die FDP schließlich in ihrem Programm. Seit 20 Jahren hat sie, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, einen Zweitwohnsitz in Berlin, in NRW ist der erste, gewählt hat sie per Briefwahl. Und was hält sie von Christian Lindner, dem Gesicht der FDP in NRW? „Er bemüht sich ehrlich“, sagt die über 80-Jährige. Und Hannelore Kraft? „Die ist nicht meine Freundin“. Die Ministerpräsidentin habe die „Zügel zu locker gelassen“, zu viel Sylvia Löhrmann von den Grünen überlassen.

Die Silvesternacht schadete Kraft

Krafts Niederlage sehen andere in der StäV in einer anderen Personalie begründet: „Jäger fällt ihr heute auf die Füße“, sagt Wolfgang Schnorbus und bezieht sich damit auf den Innenminister von Nordrhein-Westfalen. Auch Olaf Schulze aus Darmstadt glaubt: Die Silvesternacht und ihre Folgen, auch für das Ansehen Jägers, trugen zum Scheitern Krafts bei. Er freut sich aber, dass die „scheiß blöde AfD hinter ihren Erwartungen bleibt“.

Auf eine große Koalition unter SPD-Führung hatte Alexander Höller gehofft. Der junge Mann aus Köln ist übers Wochenende in Berlin und hat bereits am Mittwoch im Amt gewählt. „Der Schulz-Effekt ist endgültig verweht“, stellt er fest und fügt hinzu: „Die SPD kriegt es nicht hin, ihr Ur-Klientel zu mobilisieren.“ „Aber“, sagt er, und nimmt einen Schluck Kölsch: „Wie sagt der Kölner? Et kütt wie et kütt.“

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