
© Beumer & Lutum/René Dreke
3453 Menschen suchen in Berlin eine Ausbildung: „Es muss aufhören mit der Bestenauslese“
Berlins DGB-Vorsitzende kritisiert die Azubi-Auswahlpraxis einiger Arbeitgeber. Bei einem Besuch der Bio-Bäckerei Beumer & Lutum wollte sie erfahren, wie es besser gehen kann.
Stand:
Immer wieder klagen Betriebe darüber, ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen zu können. Stand 30. September sind in Berlin 1145 Ausbildungsstellen unbesetzt geblieben (immerhin etwas weniger als vor einem Jahr) – dem gegenüber stehen 3453 Menschen, die einen suchen, aber keinen finden (auch weniger als vor einem Jahr).
Diese Zahlen stellte Ramona Schröder von der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg am Donnerstag bei einem Besuch der Bio-Bäckerei Beumer & Lutum in Neukölln vor.
Angesichts dieses Bewerberüberschusses appellierte Katja Karger, Vorsitzende vom DGB Berlin-Brandenburg, an die Arbeitgeber: „Lange konnten sich Betriebe die Leute aussuchen. Das ist heute nicht mehr so“, sagte sie. Viele hätten das noch nicht verstanden: „Es muss aufhören mit der Bestenauslese. Die Ausbildung ist dazu da, Menschen zu befähigen, danach einen Beruf auszuüben.“
Man könne keine fertige Arbeitskraft erwarten und es sollten mehr Betriebe ausbilden. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) ergänzte, dass von ihrer Senatsverwaltung geförderte Coachings oder das Arbeitsagentur-Programm der Einstiegsqualifizierung da helfen könnten.
Maggie Neuwirth zum Beispiel begann direkt nach dem Mittleren Schulabschluss im Alter von 15 eine Ausbildung zur Bäckerin: „In der Schule sitzt du von 8 bis 13 Uhr. In der Ausbildung arbeitest du plötzlich jeden Tag von 8 bis 16.30 Uhr.“
Die Pausenzeit hätte sie bei ihrem vorherigen Ausbildungsbetrieb ranhängen müssen. Die Umstellung auf solche Arbeitszeiten: „einfach crash“. Heute ist sie Azubi bei Beumer & Lutum, dort werde alldem mehr Verständnis entgegengebracht.
Das erlebt auch ihre Azubi-Kollegin Anna Huth so. An ihrem ersten Tag in der Backstube durfte sie etwa eine Stunde früher gehen, weil sie körperlich fertig gewesen sei. Bei vielen Betrieben sei für solche Dinge aber nicht die Sensibilität da. Hier scheint sich das zu lohnen: Alle 25 Ausbildungsplätze sind besetzt. Ein Azubi starte nachträglich am 1. November.
Beide Auszubilden erzählen außerdem, worüber auch suchende Jugendliche im Netz oft klagen: Auf die meisten ihrer Bewerbungen hätten sie noch nicht einmal eine Antwort erhalten. Neuwirth hörte sogar nach einem persönlichen Vorstellungsgespräch nichts mehr von dem Unternehmen. Bei Beumer & Lutum aber hätte sich die Ausbildungsleiterin Mary Zamalloa-Ecker sehr schnell zurückgemeldet.
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