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Solarenergie: Aussichten: heiter bis wolkig

Die Solarbranche wird immer weniger subventioniert – und Berliner Hersteller fürchten ums Geschäft.

Europaweit ist Berlin einer der führenden Standorte bei der Entwicklung und Herstellung von Solarmodulen – bei der Nutzung der Sonnenenergie allerdings liegt das Land noch unter dem Bundesdurchschnitt. Diesen Rückstand will der Senat in den kommenden Jahren ausgleichen. Doch angesichts geplanter Kürzungen bei der Solarförderung scheint das ehrgeizige Ziel gefährdet; zudem sind die Herstellerfirmen besorgt um ihren bundesweiten Absatz. Trotz vieler Exporte ins Ausland sei „der deutsche Markt weiterhin das Kerngeschäft, er hat sich im Vorjahr entwickelt wie nie zuvor“, sagt Bernd Hirschl, Bereichsleiter für Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Tiergarten.

Der Solarmodulproduzent Solon mit 900 Mitarbeitern hat angekündigt, bald einen „hohen operativen Verlust“ im Jahr 2009 bekannt zu geben, noch will Sprecherin Sylvia Ratzlaff die Zahlen aber nicht nennen. Als wesentlicher Grund für die Probleme gilt, dass Solon auch schlüsselfertige Solarkraftwerke exportiert – vor allem nach Spanien. Doch dort wurde die Förderung der Sonnenenergie weitgehend gestoppt. Nun fürchtet Solon Ähnliches in Deutschland. Denn Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will die seit Jahresbeginn bereits reduzierte Förderung für Solaranlagen auf Dächern ab April weiter absenken – um insgesamt 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von Juli an soll dies auch für Anlagen auf Freiflächen gelten.

Am bundesweiten Protesttag der Solarbranche in der vorigen Woche hatten sich Firmen wie Solon, Sulfurcell und Inventux beteiligt. „Sowohl Zeitplan als auch Höhe der Absenkung halten wir für völlig überzogen“ sagte Volko Löwenstein, Vorstandsvorsitzender der Inventux Technologies AG. Sulfurcell-Chef Nikolaus Meyer sieht den „Technologiestandort Deutschland in Gefahr“. Sulfurcell selbst fährt gerade die Produktion in seiner neuen, 85 Millionen Euro teuren Fabrik in Adlershof mit 180 Arbeitsplätzen hoch. „Entlassungen wird es nicht geben“, sagt Sprecher Rüdiger Stroh. Einen jährlichen Rückgang der Subventionen um zehn Prozent habe man längst im Businessplan berücksichtigt. „Das unterstützen wir auch.“ Noch stärkere Senkungen könnten aber dazu führen, „dass wir in der nächsten Finanzierungsrunde große Schwierigkeiten bekommen, unsere Investoren vom Standort Deutschland zu überzeugen“. Vielleicht entstehe die nächste Fabrik dann eher im Ausland.

Die vom Land Berlin, Vattenfall, der KfW-Bank und der Gasag getragene Berliner Energieagentur will den Anteil des Stroms aus Solarenergie von 0,08 Prozent auf 1,5 Prozent im Jahr 2020 steigern. Ein Schritt in diese Richtung ist die „größte Fotovoltaikanlage auf einem öffentlichen Gebäude in Berlin“, die im Dezember auf der Max-Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg eröffnet wurde. Mehr als 1000 Module ermöglichen eine Jahresleistung von bis zu 220 Megawattstunden. Michael Geißler, Geschäftsführer der Energieagentur, hofft auf Kompromisse bei den Einspeisevergütungen für Solarstrom und glaubt, dass „der stetige Ausbau der Solarenergie nicht übermäßig behindert“ werde.

Henrik Vagt, Experte für Energie- und Klimapolitik bei der IHK Berlin, rechnet mit einem starken Preisverfall bei Solarmodulen. Zurzeit gebe es „immer noch Rekordzahlen bei den Installationen“. Von einem „Kahlschlag“ in der Branche könne nicht die Rede sein, da man sich auf „hohem Niveau“ bewege: Die bisher „sehr hohen Renditen“ von Solaranlagenbetreibern – oft um die zehn Prozent – würden nur auf etwa sechs Prozent verringert. Die größte Stärke der Berliner Solarindustrie sei ihre „Nähe zur Forschungslandschaft“.

„Massiv bedroht“ sieht Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) viele Arbeitsplätze. Nach Angaben seiner Verwaltung sind 1500 bis 1700 Mitarbeiter in der Fotovoltaikindustrie beschäftigt, hinzu kämen mehrere hundert Angestellte im Handwerk und in der Forschung. Der Senat werde der „unverantwortlichen Politik“ des Bundesumweltministers „mit allen ihm im Bundesratsverfahren gegebenen Möglichkeiten entgegen treten“, sagt Wolf. Beim „Solargipfel Ost“ seien sich Vertreter Berlins und aller östlichen Bundesländer einig darin gewesen, dass „weitere Reduzierungen nur im Konsens mit der Solarwirtschaft erfolgen dürfen“.

Wirtschaftsforscher Bernd Hirschl befürchtet, dass Solarfirmen es künftig schwerer haben dürften, frisches Kapital und Bankkredite zu erhalten. Um Solarmodule zu günstigeren Preisen anbieten zu können, bräuchten die Betriebe neue Mittel: „Reagieren bedeutet Investment“, Einsparungen beim Personal reichten auf Dauer nicht aus. Mit der Höhe der Förderkürzungen könnten die Hersteller wahrscheinlich sogar leben. Aber: „Das Problem ist die Geschwindigkeit.“

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