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Wenn Innovation und Forschung zusammenkommen, entstehen neue Technologien und Geschäftsmodelle. Erfolg bedarf jedoch einer systematischen Planung und Förderung.

© IMAGO/Maskot

Berlin versäumt den Fortschritt, während München abräumt: Der Hauptstadt fehlt der Wille zur technologischen Relevanz

Die Stadt klammert sich an überholte Erfolgsmodelle, Tech-Milliarden fließen inzwischen immer häufiger an Berlin vorbei. Weil Bayern längst den besseren Plan hat.

Christoph Kluge
Ein Kommentar von Christoph M. Kluge

Stand:

Berlin ist nicht mehr Deutschlands wichtigster Start-up-Standort – und will das offenbar auch gar nicht mehr sein. Während München strategisch in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Verteidigungstechnik und Halbleiter investiert, klammert sich Berlin an überholte Erfolgsmodelle und die Illusion, allein mit Kreativität und internationalem Flair zu punkten. Der Mythos von der hippen Gründermetropole wirkt zunehmend wie ein Marketing-Relikt aus der Rocket-Internet-Ära. Die Wirklichkeit? Ernüchternd.

2,1 Milliarden Euro gingen im ersten Halbjahr 2025 an Start-ups in Bayern, nur 1,5 Milliarden nach Berlin. Die Hauptstadt verliert damit erstmals deutlich an Boden – nicht wegen eines plötzlichen Investorenschwunds, sondern wegen struktureller Versäumnisse.

München hat mit dem Gründerzentrum UnternehmerTUM und exzellenten Hochschulen ein Ökosystem aufgebaut, das auf langfristige technologische Relevanz zielt.

Berlin interessiert nur noch als Nebenschauplatz

Das Interesse an Deutschland als Technologie-Standort ist ungebrochen – nur Berlin profitiert immer weniger davon. OpenAI etwa eröffnete sein neues Büro in München, nicht in der Hauptstadt.

Eine Vector Drohne des deutschen Herstellers Quantum Systems im Einsatz. Entwickelt und produziert wird sie in Bayern.

© Quantum Systems / Promo / Sergey Kamshylin

Auch die innovativen Rüstungsunternehmen wie Helsing und Quantum Systems bauten ihre Produktionsstandorte in Bayern auf. In Berlin unterhalten sie nur kleine Dependancen, um in Verbindung mit der Bundesregierung zu bleiben.

Berlin hinkt hinterher.

Besonders deutlich wird das alljährlich beim „Deep Tech Award“, mit dem der Berliner Senat angeblich technologische Spitzenleistungen auszeichnen will. 2025 war unter den Nominierten unter anderem ein Malerroboter. Zu den Siegern gehörten zum Beispiel KI-Anwendungen.

In Berlin für den „Deep Tech Award“ nominiert: ein Malerroboter.

© ConBotics

Das sind zweifellos clevere Produkte, aber eben keine Deep Tech. Denn dabei handelt es sich um hochkomplexe Technologien, die in jahrelanger Forschung entwickelt werden.

Deep Tech beruht auf echten wissenschaftlichen oder ingenieurtechnischen Durchbrüchen, stellt einen substanziellen Fortschritt gegenüber dem vorherigen Stand der Forschung dar. Die wichtigsten Wirtschaftsförderer der Hauptstadt verstehen das offenbar nicht.

Die Berliner Gründerszene bleibt lebendig, international, zugänglich. Aber das genügt nicht mehr. Wer heute gründet, sucht Kapital, Infrastruktur und Anschluss an technologische Schlüsselbereiche. In Berlin haben jedoch allzu viele noch nicht bemerkt, dass die goldenen Zeiten längst vorbei sind. Als Start-up-Standort könnte die Hauptstadt schon bald von der Zukunft überrollt werden.

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