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Die Deutsche Bahn AG eroeffnet die groesste Ausbildungswerkstatt fuer kuenftige Eisenbahner und Eisenbahnerinnen in Berlin - Auszubildende der Deutschen Bahn AG in der Metallwerkstatt, DEU, Berlin, 07.02.2024 *** Deutsche Bahn AG opens the largest training workshop for future railroad workers in Berlin Deutsche Bahn AG trainees in the metal workshop, DEU, Berlin, 07 02 2024

© imago/Jens Schicke

Berliner Wirtschaft verliert langsam die Nerven: Kammern verschärfen Kampagne gegen Ausbildungsumlage

In einem Brief an alle Abgeordneten macht die Wirtschaft Front gegen die geplante Ausbildungsumlage. Dabei ist noch völlig unklar, ob sie überhaupt beschlossen wird.

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Die Kammern und Verbände der Berliner Wirtschaft sind sich in diesem Thema einig: Die Ausbildungsplatzabgabe, die der Senat vorbereitet, kennt nur Verlierer. In einem Schreiben an alle Abgeordneten haben sie noch einmal die wesentlichen Argumente gegen die Abgabe zusammengefasst und erhöhen damit den Druck auf die Politik.

Die Abgabe ist eigentlich eine Umlage und soll dazu dienen, einen finanziellen Ausgleich zwischen Betrieben zu schaffen, die ausbilden, und denen, die es eben nicht tun. Die Wirtschaft argumentiert, die Umlage erzeuge zu viel Bürokratie, belaste Unternehmen, die nicht ausbilden können und schaffe im Endeffekt keinen einzigen neuen Ausbildungsplatz.

„Das Gesetzesvorhaben muss gestoppt werden“, sagte Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK), bei der Vorstellung des Offenen Briefes an die Abgeordneten. „2700 Schüler haben die Schulen 2024 ohne Abschluss verlassen, das sind die Probleme, die es wirklich zu lösen gilt.“ Nur 38 Prozent der Betriebe hätten überhaupt die personellen Kapazitäten, um auszubilden, „das wird aber im Konzept gar nicht berücksichtigt“.

Für Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, könnte die Umlage dazu führen, dass Unternehmen ins Umland ziehen, um sich die Abgabe zu sparen. Profitieren würden Betriebe, die ausbilden. Dass sie durch den finanziellen Ausgleich für einen Teil ihrer Aufwendungen zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen würden, glaubt Wittke nicht. „Betriebe betreiben Nachwuchssicherung schon aus eigenem Antrieb und nicht, weil die Politik sich das wünscht.“

Zielmarke: 2000 Plätze mehr

Die Umlage ist im Koalitionsvertrag des CDU-SPD-Senats festgeschrieben, um die Zahl der Ausbildungsplätze in Berlin zu erhöhen. Demnach soll sie eingeführt werden, wenn es die Wirtschaft nicht schafft, innerhalb von zwei Jahren 2000 zusätzliche Ausbildungsverträge abzuschließen.

Trotz intensiver Bemühungen in einem „Bündnis für Arbeit“ scheint die Wirtschaft langsam den Glauben zu verlieren, dass diese Zielmarke noch zu erreichen ist. Im vergangenen Jahr wurde zwar ein Plus von 700 Plätzen verzeichnet, aber das sei kein verlässlicher Sockel, auf dem man weiter aufbauen könne, sagte Wittke. „Bis November werden Verträge geschlossen, aber auch wieder gelöscht.“

Der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), Sven Weickert, erinnerte daran, dass sich die wirtschaftliche Situation seit dem Beschluss zur Einführung einer Ausbildungsplatzumlage „sehr verändert“ habe. Selbst die Berliner Verwaltung habe die Zahl ihrer Ausbildungsplätze im Jahr 2024 um 18 Prozent reduziert, sagte Manja Schreiner.

Konkret abgerechnet werden könne erst Anfang 2026. Man habe zwar „ein Gefühl“, wie sich die Zahlen entwickeln, aber konkrete Einschätzungen oder Zwischenstände zu nennen, sei unseriös.

Bremen als Abschreckung

Als abschreckendes Beispiel verweisen die Kammern und Verbände auf Bremen. Dort wurde die Umlage bereits eingeführt, hätte aber bislang alle Beteiligten enttäuscht, erklärte Michael Zeimet von der Handelskammer Bremen. Rund 330 Klagen gegen Zahlungsbescheide und das Gesetz selber seien anhängig.

Im Topf der Umlage, der eigentlich mit rund 25 Millionen Euro gefüllt sein sollte, sei ein Defizit entstanden, das möglicherweise mit Steuermitteln ausgeglichen werden müsse. Grund des Defizits sind zum einen offenbar die Klagen, aber auch organisatorische Probleme der Verwaltung. „Die Arbeitsbehörde musste sich erstmal die Unternehmensdaten beschaffen.“

Drei Jahre nach der Verabschiedung des Gesetzes in Bremen stagniere die Zahl der Ausbildungsplätze. Wobei das an der Weser wohl vor allem an der schwächelnden Konjunktur liege, wie Zeimet einräumte. „Heute würde man diese Entscheidung wohl nicht mehr treffen.“

Genau wie Berlin verfügt Bremen im Vergleich zu Flächenländern über eine geringere Ausbildungsquote, gemessen an der Zahl der Betriebe. Das war für den Senat der Hauptgrund, die Umlage zu beschließen. Schreiner erklärte dagegen, die kleinteilige Wirtschaftsstruktur in Berlin dürfe nicht mit den größeren Betrieben in den Flächenländern verglichen werden.

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