
© AdobeStock/Oleg Ermak
Brettspiel-Messe in der Berliner „Station“: Setzen, Legen und Würfeln im Großformat
Die „Berlin Brettspiel Con“ bietet Spiele zum Ausprobieren, Ausleihen und Mitnehmen. Der Branche geht es trotz Inflation und hohen Papierpreisen gut.
Stand:
Für Fans des voll-analogen Brettspiels ist das kommende Wochenende ein Jahres-Highlight: Am Sonnabend und Sonntag ist die Berliner Brettspielmesse, Sonntagabend wird das „Spiel des Jahres“ gekürt, ebenfalls in Berlin. Und am Samstag, parallel zur Messe, versucht die Stadt Amberg, den Weltrekord für die meisten zeitgleich stattfindenden Partien „Mensch ärgere Dich nicht“ zu knacken. Der Klassiker ist einer der Umsatzgaranten für den Berliner Hersteller Schmidt-Spiele. Das Unternehmen sponsert die Messe und ist einer der 80 Aussteller.
Die Brettspielmesse in der „Station“ am Gleisdreieckpark findet seit 2019 statt und hat sich inzwischen für Fachbesucher, aber vor allem Hobbyspieler, zu einem wichtigen Event entwickelt, als kleine Schwester der Internationalen Spielemesse in Essen und der Spielwarenmesse in Nürnberg.
Die Veranstalter Johannes Jaeger und Alexander Koppin rechnen mit bis zu 15.000 Besuchern an den drei Messetagen. Wobei der Freitag eher für Hardcore-Fans reserviert ist, die an den beiden „Game-Nights“ teilnehmen. Dort spielen Gruppen gegeneinander, etwa bei der Mörder- und Detektiv-Spielvariante „Werwölfe 2.0“, was nicht gerade nach Brettspiel klingt.

© Berlin Brettspiel Con
Neue Trends im Markt kann Jaeger derzeit nicht erkennen, Exit- und Escape-Spiele seien immer noch umsatzstark. „Es gibt Brettspiele zu vielen Themen, das ist sehr divers.“ Der internationale Austausch von Spielen hat zugenommen – deutsche Verlage exportieren mehr ins Ausland, im Inland werden zugleich mehr Spiele auf dem Ausland angeboten. Laut Branchenverband „Spieleverlage“ haben 2022 „Rätsel- und Krimispiele an Bedeutung“ gewonnen. Hauptsächlich aktiv seien die sogenannten „Kidults“ zwischen 14 und 35 Jahren.
Nachhaltigkeit werde auch für die Spielebranche wichtiger, etwa Plastik einzusparen bei der Verpackung, sagt Jaeger. Die „Sehnsucht nach Analogem“ und das „Ausbrechen aus der digitalen Isolation“, nicht erst in der Pandemie aufgekommen, beschere den Spieleherstellern weiterhin gute Umsätze. Das Umsatzniveau der Verlage lag 2022 nach Angaben des Branchenverbandes „Spieleverlage“ trotz eines leichten Rückgangs (vor allem wegen Inflation und Papiermangel) immer noch mehr als 20 Prozent über dem des Vor-Corona-Jahres 2019.
„Carcassone“ und „Ubongo“ können im XXL-Format gespielt werden
„Ich bin früher selber Comupterspieler gewesen“, sagt Jaeger. Seit er Familie hat, hätten sich aber seine Parameter verschoben, „inzwischen bin ich da komplett raus“. Doch für Ersatzstoff ist gesorgt: Spiele, die digital erfolgreich sind, werden auch als Brettspiel auf den Markt gebracht. Ein Beispiel ist das Videospiel „Dorfromantik“, das 2021 herauskam und nun zu den Nominierten beim Preis Spiel des Jahres gehört.
Die Szene der Spielefans zerfällt in viele Communitys, etwa der für das dänische Geschicklichkeitsspiel Klask. Die Messe ist zugleich Schauplatz der „deutschen Meisterschaft“ im Klask. Das Gewinnerteam qualifiziert sich für die Weltmeisterschaft im September in Helsinki. Außerdem ermittelt der Verein „Blick aufs Brett“ in einem Brettspielcup aus drei unterschiedlichen Spielen den „BerlinCon Legespielmeister“.
Basics wie Würfeln, Karten halten und Spielsteine ziehen sind Kulturfähigkeiten, die vermittelt werden müssen.
Vortragsankündigung der Brettspiel-Akademie
Am Sonntag ist „Familientag“, dann können insgesamt 900 Spiele ausgeliehen und vor Ort ausprobiert werden. Klassiker wie „Carcassone“ kann man auf einem markierten Feld am Boden spielen. Auch das Strategiespiel „Ubongo“ gibt es im „XXXXL-Format“. Auf einem Flohmarkt werden 3000 gebrauchte Spiele zum Kauf angeboten. In der „Prototypen-Galerie“ präsentieren Spieleerfinder ihr aktuellen Entwicklungen und stellen sich Fragen und Kritik der Fans.
Im Rahmenprogramm gibt es Panels mit Spielautoren und -experten, darunter ein Vortrag der „Brettspiel-Akademie“, die „Fachkräfte für Gesellschaftsspiele“ ausbildet. Denn einige Grundfertigkeiten würden in Familien nicht mehr weitergegeben: „Basics wie Würfeln, Karten halten und Spielsteine ziehen sind Kulturfähigkeiten, die vermittelt werden müssen. Wenn Eltern dies nicht tun, entsteht eine Bildungslücke, die bisher nicht von Kitas oder Schulen aufgefangen wird.“
Die Messe wird nächstes Jahr ins Estrel-Convention Center umziehen, kündigt Jaeger an. Der Wechsel habe „logistische Gründe“, aber auch klimatische. In der Station gebe es keine fest eingebaute Klimaanlage. Die räumliche Verbindung des Convention-Centers mit dem Estrel-Hotel erleichtere es auch ausländischen Gästen, das umfängliche Programm voll auszukosten. „Wir sind ja eher ein Festival als eine Messe“, sagt Jäger.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: