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Gebäudesanierung und Wohnungsbau: Das Klima ist schlecht
Die Immobilienwirtschaft plädiert für die gezielte Förderung des Altbaubestandes.
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Wenn es um den Neubau von Logistikimmobilien geht, dann liegt Berlin in der Top Ten nach Logistikregionen auf Platz eins. Das berichtete kürzlich das unabhängige Analyseinstitut für die Immobilienwirtschaft, Bulwiengesa. Wie erschreckend dagegen die Zahlen bei den Wohnimmobilien: Trotz der Zuwanderung von rund 750.000 Ukrainerinnen und Ukrainern allein im ersten Halbjahr gehen die Zahlen zurück. Die aktuellen Daten liegen laut Aussagen der Bausparkasse Schwäbisch Hall aktuell sogar bei etwa 900.000 Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind.
Der Rückgang der Baugenehmigungen liegt 2022 bundesweit bei minus 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Berlin „toppt“ den schlechten Wert auf der Negativskala: Wie das Landesamt für Statistik Mitte November mitteilte, wurden in den ersten neun Monaten 6,9 Prozent weniger Neubauwohnungen genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Demnach sollen 11.813 Wohnungen entstehen, davon 10.660 in Neubauten.
Bei aller Begeisterung für die Wärmepumpe werden heute doch über 70 Prozent der Gebäude mit fossilen Energieträgern, sprich Gas und Öl, beheizt
Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch-Hall
Woran liegt das? Politisches Versagen, bescheidene wirtschaftliche Rahmenbedingungen, der Krieg in der Ukraine? Steuert denn niemand um?
Weder Bauträger noch Bauherren gehen ins Risiko
Weder Bauträger noch Bauherren gehen zur Zeit ins Risiko. Denn der voraussichtliche Preis ist unkalkulierbar geworden. Jeder hält sich zurück. „Das Klima im Immobilienmarkt ist im Moment schlecht“, sagt Ralf-Peter Koschny, Sprecher des Vorstandes der bulwiengesa AG. „ Wir haben in den vergangenen zehn Jahren damit leben können, dass wir niedrige Zinsen hatten, niedrige Inflation, mäßiges Wachstum. Insofern haben wir auf einer Insel der Glückseligkeit gelebt.“ Diese Zeiten seien vorbei. Deutschland ist mit Europa aus Sicht internationaler Investoren kein sicherer Hafen mehr.
Deutschland ist kein „sicherer Hafen“ für Anleger mehr
Deutschland ist noch zu sechzig Prozent auf konventionelle Energien angewiesen. „Das heißt, wir haben eine Riesenaufgabe, das alles durch erneuerbare Energien zu decken“, sagt Koschny. Deshalb hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für das kommende Jahr eine neue Wohneigentums- und Neubauförderung aus Mitteln des Klima- und Transformationsfonds auf den Weg gebracht.
1,1 Milliarden Euro aus dem Bundesprogramm für Effiziente Gebäude (BEG) stehen dafür zur Verfügung, davon 650 Millionen Euro für die Neubauförderung für Wohngebäude und 350 Millionen Euro für die Wohneigentumsförderung.
Entscheidender indes als die Neubauförderung ist aus energetischer Sicht der Bestand. „Wir müssen Energie und CO2 einsparen, da sind wir uns alle einig“, sagt Dirk Salewski, Präsident des BFW Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Berlin. „Dafür braucht es aber – gerade bei den immens angestiegenen Baukosten – eine zuverlässige und auskömmliche Förderung.“
Das findet auch Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch-Hall. Er ließ sich gestern zur aktuellen Lage auf dem Immobilienmarkt so vernehmen: „Wir würden dafür werben, sich zunächst sehr stark auf Bestandgebäude mit den schlechten Energieklassen zu konzentrieren, um da den größten Schub hinzubekommen.“ Es brauche einen Plan, über den Förderungen ineinandergreifen, es gehe um die Stringenz von Maßnahmen. Er vermisse „klare Ansagen von der Politik“, sagt Klein.
Zwei Drittel des Wohngebäudebestandes sind nach Angaben von Schwäbisch Hall vor der ersten Wärmeschutzverordnung (1977) gebaut worden. Ein Drittel der Neuen und 10,4 Millionen Wohngebäude gelten als energetisch saniert. Doch dreißig Prozent der Gebäude fallen in die schlechteste Energieeffizienzklasse.
Hier gilt es aus Kleins Sicht anzusetzen. Die jährliche Sanierungsrate müsse mehr als verdoppelt werden. „Und wir müssten vor allen Dingen die Wärmeversorgung auf emissionsneutrale Lösungen umstellen. Bei aller Begeisterung für die Wärmepumpe werden heute doch über 70 Prozent der Gebäude mit fossilen Energieträgern, sprich Gas und Öl, beheizt. Um das hinzubekommen, was wir uns als Land vorgenommen haben – den Gebäudebestand bis 2045 CO2-neutral zu bekommen – wird eine finanzielle Größenordnung zwischen zwei und 5 Billionen Euro geschätzt.“
Kleins Conclusio: Wenn der in Städten wie Berlin zahlreiche Altbaubestand nicht CO2-neutral umgebaut werde, sei der klimaneutrale Neubau nur begrenzt hilfreich. Die Energieklassen G und H sind in Deutschland für etwa für die Hälfte der CO2 Emissionen verantwortlich, hat Schwäbisch Hall herausgefunden.
„Darauf würden wir den ersten Fokus legen und diese Gebäude sollten auch besonders gefördert werde“, findet der Mann von der Firma auf deren Steine man bauen kann. Eine derartig konfigurierte Förderung ist indes aktuell nicht geplant. Das ist schlecht, nicht nur für das Klima. Denn es sind meist die sozial schwächere Einkommensgruppen, die in kaum oder gar nicht sanierten Häuser und Wohnungen leben.
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