Gespaltene Stadtgesellschaft: Zwei Veranstaltungen zur Zukunft der Berliner Mitte
Molkenmarkt und Rathaus-Forum werden aktuell vom Land umgestaltet. An zwei Wochenenden will die Zivilgesellschaft mitreden – mit sehr unterschiedlichen Wünschen.
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Während die Stadtentwicklungsverwaltung die weitere Planung für das neue Quartier am Molkenmarkt seit Abbruch des städtebaulichen Werkstattverfahrens weitgehend im stillen Kämmerlein vorantreibt, ist die Stadtgesellschaft zur Frage, wie die Berliner Mitte gestaltet werden soll, weiter gespalten. An diesem und dem kommenden Wochenende werben unterschiedliche zivilgesellschaftliche Akteure in mehreren Veranstaltungen für ihre Nutzungs- und Gestaltungsvorstellungen.
In den vergangenen Monaten spitzte sich die Debatte um den Molkenmarkt vor allem entlang der Frontlinie „Historische Anmutung oder bezahlbarer Wohnraum“ zu. Die ursprünglichen Pläne, hier auch in puncto Klimafreundlichkeit und flexibel nutzbare Grundrisse ein Modellquartier zu schaffen, scheinen keine größere Rolle mehr zu spielen. Aktuell erarbeitet das Frankfurter Architekturbüro Mäckler ein sogenanntes Gestaltungshandbuch für die neuen Gebäude. Die Hochbauwettbewerbe zumindest für den Block B sollen noch dieses Jahr starten.
Ein weiteres Konfliktfeld ist das Rathaus- und Karl-Marx-Forum zwischen Fernsehturm und Spreeufer, das die Altstadt-Fans in Berlin gerne als „Großen Leerraum“ bezeichnen und am liebsten mit „hunderten berlintypischen Wohn- und Geschäftshäusern“ bebaut sehen würden, wie es in der Ankündigung der Stiftung Mitte Berlin für ihr Mitte-Fest am letzten Augustwochenende heißt.

© RMP Stephan Lenzen
In dem fraglichen Bereich setzt die landeseigene Grün Berlin GmbH eigentlich den landschaftsplanerischen Entwurf des Büros RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten um. Die bauvorbereitenden Arbeiten beginnen im Winter; am Ende soll das Gebiet zwischen Fernsehturm und Spreeufer mit viel Grün und Sickerflächen klimaresilient gestaltet sein und in der Aufenthaltsqualität deutlich attraktiver als jetzt.
Baufelder auf dem Rathaus-Forum?
Die Stiftung Mitte Berlin hat das Rathaus-Forum hingegen auf dem Flyer für das Mitte-Fest bereits mit Markierungen für unterschiedliche Baufelder versehen. Neben dem Rathaus-Forum soll das ehemalige Grundstück des Grauen Klosters am Molkenmarkt Schwerpunkt der Veranstaltung sein. Bereits in den vergangenen zwei Jahren veranstaltete die 2022 von der ehemaligen Unternehmerin Marie-Luise Schwarz-Schilling und dem Historiker Benedikt Goebel gegründete Stiftung „Mitte-Feste“, um für eine historisierende Bebauung der Berliner Mitte zu werben; im vergangenen Jahr mit landespolitischer Prominenz in Gestalt von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt (parteilos, für SPD).
In diesem Jahr stehen mehrere Vorträge und Führungen von Benedikt Goebel zu den Planungen der unterschiedlichen Areale auf dem Programm, außerdem Vorträge zu archäologischen Funden und zum Grauen Kloster, ein Tanztee sowie die Veröffentlichung einer neuen „Berliner Erklärung zum Städtebau“, in der „parzellierte Häuserblöcken mit einzelnen darin enthaltenen Architektur-Rekonstruktionen“ gefordert werden.
Für andere in der Stadt sind historische Rekonstruktionen hingegen ein Reizwort. Die Gegenveranstaltung zum Mitte-Fest namens „Kultur Stadt Quartier Molkenmarkt“ findet eine Woche früher, am 24. August 2024, an der Klosterkirche statt. Veranstaltet wird sie vom Kiosk der Solidarität zusammen mit dem Kiezteam Friedrichshain von Deutsche Wohnen und Co. Enteignen. Beteiligt sind außerdem unter anderem die Initiative Offene Mitte und das Bündnis Klimastadt 2030. Dabei geht es unter anderem um einen Vergleich der Städte Berlin und Istanbul.
In der türkischen Hauptstadt war der Plan, eine osmanische Kaserne zu rekonstruieren, einer der Hauptauslöser für die Gezi-Proteste 2013. Sprechen werden unter anderem die Präsidentin der Architektenkammer, Theresa Keilhacker, der Chefredakteur der Zeitschrift arch+ Anh-Linh Ngo sowie weitere Wissenschaftler und Architekten.
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