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Mähdrescher und andere Landmaschinen enthalten heutzutage viel teure Technik. Dafür interessieren sich auch Diebe.

© dpa/Patrick Pleul

Hightech auf dem Acker – Diebe greifen zu: Brandenburg erlebt Welle professioneller Landmaschinen-Raubzüge

Die Täter kommen Nachts, stehlen und verwüsten den Tatort. Ihr Ziel: GPS-Geräte, Bildschirme, Steuerungs- und Lenksysteme aus Landmaschinen. 

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Sie kamen nachts, Anfang April, und dann noch einmal vier Wochen später. Karl Ackermann wurde gleich zweimal innerhalb von vier Wochen bestohlen. Ackermann ist Lohnunternehmer, ein Dienstleister in der Landwirtschaft, der mit eigenen Maschinen und Mitarbeitern Arbeiten wie Ernte, Aussaat oder Bodenbearbeitung für andere Betriebe übernimmt. Ackermanns Landmaschinen wurden aufgebrochen, teure Technik wurde ohne Rücksicht auf Verluste entfernt. Der Schaden liegt im hohen fünfstelligen Bereich.

Seit 2001 hat Ackermann sein Unternehmen in Kerzlin im Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Klein angefangen hat er mit einem Traktor und einigen Anbaugeräten. Heute leitet er ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen mit zwölf festangestellten Mitarbeitern und etwa 25 Aushilfen.

In seinem Fuhrpark stehen dreizehn Traktoren, drei Häcksler, drei Mähdrescher, zwei Gülle-Selbstfahrer und drei Agro-Trucks. Wenn andere Landwirte Ackermanns Dienstleistungen buchen, werden die Landmaschinen zu den entsprechenden Höfen gebracht, wo sie zumeist über mehrere Tage im Einsatz sind.

Täter gehen gezielt vor – und ziemlich rabiat

So war es auch Anfang April auf einem Betrieb in Kremmen. Fünf Landmaschinen standen dort bereit für den Einsatz am kommenden Morgen. „Das Gelände war eingezäunt und gesichert“, sagt Ackermann. Dennoch wurde eine seiner Landmaschinen aufgebrochen. Die Täter hatten es auf das GPS-System, Bildschirme und das Lenksystem abgesehen.

Und sie gingen dabei nicht gerade zimperlich vor. „Die schneiden einfach die Kabel ab“, sagt Ackermann. „Die Kabine musste neu verkabelt werden. Etwa eine halbe Woche stand die Maschine still. Man muss bedenken, es sind verschiedene Firmen, die die Reparaturen ausführen. Und die können nur nacheinander in der Kabine arbeiten“, erläutert Ackermann.

Der reine Sachschaden lag bei 15.000 Euro. Dazu kommt der Arbeitsausfall. „Und ich muss doch meine Mitarbeiter trotzdem bezahlen. Ich kann denen nicht sagen, heute hast du Urlaub. Die können doch auch nichts dafür.“

Enormer Schaden für die Unternehmen

Umso ärgerlicher, dass er vier Wochen später erneut zum Opfer wird. Diesmal liegt der Tatort in Berge im Havelland. „Zehn Schlepper standen auf dem Hof, vier davon von uns. Vier Schlepper haben sie aufgebrochen, zwei davon gehörten zu unserem Unternehmen. Und wieder war das Gelände eingezäunt“, sagt Ackermann. Und berichtet, der Hof sei gut gesichert gewesen, eingezäunt, mit Kameraüberwachung. „Das hat die Diebe aber leider nicht abgehalten“, sagt er.

30.000
Euro Sachschaden entstand in einer Nacht.

Wieder war die Technik in den Landmaschinen das Ziel, der Sachschaden betrug diesmal bei etwa 30.000 Euro. Ackermann sagt, er kenne auch andere Betriebe, in denen eingebrochen wurde, um teure Technik aus den Landmaschinen auszubauen: „In Berge war auch der Kunde mit betroffen.“

Und bei einem Milchviehbetrieb machten sich die Diebe über Nacht an einem Futterwagen zu schaffen. Am nächsten Morgen brach dann erst einmal Hektik aus im Betrieb. Denn die Rinder hatten Hunger, doch ohne Futterwagen zieht sich die Fütterung erst einmal hin. Auch in Neuholland im Landkreis Oberhavel kennt Ackermann einen Landwirt, der Opfer der Diebe wurde.

Große Maschinenverschwinden über Nacht

Im Landkreis Prignitz schlagen die Diebe besonders häufig zu. Hier wurde, laut „agrar heute“ im Februar eine Rundballenpresse gestohlen. In Triglitz, einem Ortsteil von Steffenshagen, wurde auch hier ein Traktor aufgebrochen und hochwertige Technik entwendet. Der Schaden wurde mit rund 10.000 Euro angegeben.

Im Pritzwalker Ortsteil Schönhagen brachen Diebe erst in eine Lagerhalle ein und nahmen dann eine Rundballenpresse mit. Ein eigentlich nur für die Landwirtschaft nutzbringendes Diebesgut. Mit der Rundballenpresse wird Heu oder Stroh zu kompakten Ballen gepresst.

Die liebevoll auch „Elefantenklopapier“ genannten Rollen kann man vielerorts auf den abgeernteten Wiesen und Feldern im Land sehen. Der Wert des Fahrzeuges wurde mit 15.000 Euro angegeben. Eine auffällige Landmaschine, nach der der bestohlene Landwirt damals sogar auf Facebook suchte.

Polizei vermutet organisierte Banden

Auch der Bauernverband hatte Anfang März über eine Häufung von Diebstählen von Land- und Erntemaschinen geklagt. Die Polizei Brandenburg hat 34 solcher Delikte im Jahr 2022 registriert, 40 im Jahr 2023 und 32 im Jahr 2024. Das klingt nicht viel, doch werden Einbrüche wie in Berge mit mehreren geschädigten Fahrzeugen als ein Delikt gezählt.

Zu den Tätern und deren Motiven kann man derweil nur spekulieren, so eine Sprecherin der Polizei. „Aufgrund der organisatorischen Vorbereitung und Komplexität der Tatausführung sowie der erforderlichen logistischen Mittel kann vermutet werden, dass Diebstähle von Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen von gewerbsmäßig handelnden Tätergruppierungen begangen werden“, erklärt sie auf Nachfrage. Für Interessierte und Betroffene bietet die Polizei Informationen zum „Eigentumsschutz in der Landwirtschaft“ an.

Karl Ackermann sagt, er sei versichert. Nur sei es dann eben auch eine Frage der Zeit, wann die Versicherungspolicen teurer werden. An wirksamen Schutzmaßnahmen sei er sehr interessiert. Bisher habe er festgestellt, dass weder Zäune noch Licht noch eine Kamera die Diebe abhalten.

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