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An der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz spielen oft Straßenmusiker. Das Baudenkmal ist beschädigt, seit ein Lkw-Fahrer dagegen fuhr.

© IMAGO/Dirk Sattler

Beton, Bratwurst und Gewalt: Ohne das Galeria-Kaufhaus könnte der Alex zum gefährlichsten Platz Berlins werden

Im Kaufhaus am Alexanderplatz gehen in einem Jahr die Lichter aus. Was bleibt, ist ein trister Platz, dessen Niedergang unaufhaltsam erscheint. Ein Kommentar.

Christoph Kluge
Ein Kommentar von Christoph M. Kluge

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In Berlin gibt es viele Orte, die, wie Stadtplaner es gern ausdrücken, eine „geringe Aufenthaltsqualität“ aufweisen. In dieser unrühmlichen Liga spielt der Alexanderplatz ganz vorn mit. Die unwirtliche Betonwüste durchquert man besser im schnellen Schritt.

Denn auf dem Alex geschieht zwar so einiges, aber nichts, woran man teilhaben möchte. Ab Ende 2025 wird es noch schlimmer: Dann gehen im Galeria-Kaufhaus die Lichter aus, das klobige Gebäude wird für Jahre zur Baustelle.

Wenn sich Touristen hierher verirren, erwartet sie ein fragwürdiges Kulturangebot aus Bratwurst, Straßenmusik und Kriminalität. Regelmäßig bespielen Schausteller den Bereich neben dem Brunnen der Völkerfreundschaft mit einem einfallslosen Angebot aus Langos-Buden und Bierständen. Dabei wird nicht einmal mehr so getan, als habe die Pseudo-Feier irgendeinen Anlass.

Angriffe mit Holzlatten und Glasflaschen

Anwohner beklagen unterdessen zunehmende Sicherheitsprobleme, sprechen von „Verslumung“. Die Polizei stuft den Alexanderplatz als „kriminalitätsbelasteten Ort“ ein. Gewalt ist an der Tagesordnung, nur spektakuläre Fälle werden bekannt. Im August erlitt ein 18-Jähriger mehrere Schädelbrüche, als eine Gruppe mit Holzlatten auf ihn einschlug. Im Mai attackierten vier Männer einen 23-Jährigen mit einer abgebrochenen Glasflasche.

Die Hässlichkeit des Platzes hat viele Väter. Das Berolinahaus und das Alexanderhaus stammen aus den frühen 1930er-Jahren. Nach dem Krieg gestaltete die DDR den Platz als zentralen Versammlungsort neu. Das Centrum-Warenhaus und das Interhotel „Stadt Berlin“ entstanden.

Das Kaufhaus am Alexanderplatz wird am Anfang 2026 für mehrere Jahre zur Baustelle.

© REUTERS/MICHELE TANTUSSI

Nach der Wiedervereinigung kam der Architekt Hans Kollhoff auf die größenwahnsinnige Idee, den Alex mit 13 Hochhäusern zu umbauen. Einige Türme des Kollhoff-Plans befinden sich inzwischen, drei Jahrzehnte später, im Bau – theoretisch zumindest. Wirklich voran geht wenig.

Wenn auch das Kaufhaus zur Baustelle wird, macht das den Platz noch abschreckender. Sollte nach mehreren Jahren Bauzeit tatsächlich ein kulturelles Zentrum entstehen, wie vom Eigentümer geplant, wird es sich in einem Umfeld behaupten müssen, das dann noch weiter heruntergekommen ist.

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