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Alexander Schirp ist Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). 

© UVB | Bearbeitung: Tagesspiegel

Mindestlohn um 17 Prozent anheben?: Gerechtigkeit hat viele Seiten

In Folge 130 unserer Kolumne „In der Lobby“ blickt der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände auf die politische Debatte rund um eine Anhebung des Mindestlohnes.

Eine Kolumne von Alexander Schirp

Stand:

Kaum ein Instrument wird so sehr zum Maßstab für Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft gemacht wie der gesetzliche Mindestlohn. Nach 15 Euro je Stunde rufen die, die ihn für zu niedrig halten, auch höhere Sätze von bis zu 21 Euro sind längst in der Debatte. Schließlich soll, wer schon im Niedriglohn-Bereich arbeiten muss, auch einigermaßen davon leben können.

Das ist nicht falsch. Gerechtigkeit hat aber noch weitere Dimensionen. Ist es gerecht, wenn Geringqualifizierte kaum noch einen Job finden? Schließlich würde der Mindestlohn, ginge es nach der 15-Euro-Idee von SPD, Linken und Grünen, um satte 17 Prozent klettern. Ist es gerecht, wenn die Bezahlung in diesem Bereich deutlich stärker steigt als die Produktivität der betroffenen Betriebe? Die Produktivität ist ja der wichtigste der Maßstab für die Lohnentwicklung.

Es geht noch weiter: Ist es gerecht, wenn Kneipen oder Bäckereien die Kunden weglaufen, weil eine höhere Lohnuntergrenze die Preise treibt? Bekanntlich ist die Gewinnspanne in diesen Branchen sehr eng. Und ist es gerecht, wenn daraufhin gerade auf dem Dorf in der Prignitz oder im Spreewald noch mehr Infrastruktur wegfällt, mit allen Folgen für die Lebensqualität? Ist es überdies gerecht, wenn die Lohnunterschiede in einem Betrieb immer weiter eingeebnet werden? Sodass es in der Bezahlung kaum noch eine Rolle spielt, ob jemand über Jahre eine Ausbildung gemacht hat oder nur eine Hilfskraft ist?

Gerechtigkeit lässt sich kaum ohne ökonomische Folgen denken. Darum sind Augenmaß und Vorsicht beim Mindestlohn entscheidend. Die zuständige Kommission hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie diese Werte achtet. Ihre Empfehlungen zum Mindestlohn, die sie in Kürze vorlegen wird, sollte der Bund unbedingt beherzigen.

In unserer Kolumne „In der Lobby“ kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die politische Lage.

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