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Zahnarzt-Pleite (Symbolbild)

© Gestaltung: Tagesspiegel, Fotos: getty images, freepik

Revolte im Zahnärzteparlament : Jetzt könnte sich der Streit um die verzockte Milliarde noch zuspitzen

Es knirscht gewaltig in der Standespolitik, und das Versorgungswerk steckt in seiner tiefsten Krise. Die Wahl des neuen Zahnärzteparlaments hat die Kräfte verschoben. Was Berlins Zahnmedizinern bevorsteht.

Stand:

Nach der Wahl des sogenannten Zahnärzteparlaments haben sich die Kräfte in der Berliner Standespolitik deutlich verschoben. In den vergangenen fünf Jahren hatte der Verband der Zahnärztinnen und Zahnärzte von Berlin die Delegiertenversammlung der hiesigen Zahnärztekammer dominiert – umgangssprachlich oft „Parlament“ genannt.

Doch diverse Skandale haben die Wähler:innen offenbar dazu veranlasst, die bisherigen Mehrheiten infrage zu stellen. Nun hat der Verband nur noch halb so viele Sitze wie zuvor.

Auch die Initiative Unabhängige Zahnärzte Berlin, kurz IUZB, hat an Stimmen verloren. Wahlgewinner wurden Berlins Unabhängige Zahnärzte (BUZ) 2.0. Der Verband hat sich 2023 gegründet, ist eine Abspaltung der IUZB und trat jetzt erstmals bei einer Wahl an.

Versorgungswerk in Sorge

Ein Skandal hat den Wahlkampf klar geprägt: der um einen möglichen Milliardenverlust im berufsständischen Versorgungswerk. Dem Versorgungswerk gehören nicht nur alle Berliner Zahnärzt:innen an, sondern auch jene aus Bremen und Brandenburg.

34,77
Prozent hat die Wahlbeteiligung zur Wahl der 17. Delegiertenversammlung der Zahnärztekammer Berlin betragen.

Sie zahlen als Pflichtmitglieder monatlich Beiträge ein. Dieses Geld wird durch die Pensionskasse am Kapitalmarkt angelegt. Aus den Erträgen finanzieren sich Alters-, Hinterbliebenen- und Berufsunfähigkeitsrenten. Wie im Tagesspiegel berichtet, wurde ein großer Teil des Geldes in hochriskante Assets investiert. Dadurch droht dem Versorgungswerk nun, mehr als die Hälfte seines Vermögens zu verlieren.

Karsten Heegewaldt ist der amtierende Präsident der Zahnärztekammer Berlin.

© Simon Schwarz

Im Wahlkampf schien BUZ 2.0 vielen Zahnärzt:innen die Gruppe zu sein, die sich beim Versorgungswerk am konsequentesten um Aufklärung bemüht. Der Verband hatte unter anderem dafür geworben, er kämpfe „gegen Korruption und Ausbeutung unserer Renten“ – eine Spitze gegen frühere Verantwortliche, die wegen angeblicher Misswirtschaft in die Kritik geraten waren.

Einige Vertreter:innen der nun abgestraften Berufsverbände saßen zuletzt in wichtigen Gremien des Versorgungswerks – sie wird BUZ 2.0 gemeint haben. Allerdings waren in den vergangenen Jahren auch Mitglieder von BUZ 2.0 in einem Gremium vertreten.

Zerstrittene Berufsverbände

Die Kammerwahl hatte vor dem Hintergrund eines möglichen Finanzskandals nicht nur symbolische Bedeutung. Denn wer in der Kammer die Macht hat, entscheidet mit darüber, welche Vertreter:innen in den kommenden Jahren im Versorgungswerk sitzen. Offiziell ist die Pensionskasse eine teilrechtsfähige Einrichtung der Kammer. Die Vermögen werden aber streng getrennt verwaltet.

Am 22. Januar kommt das aus 46 Personen bestehende Zahnärzteparlament der Kammer erstmals bei seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dann wählt es den neuen Vorstand und einen künftigen Kammerpräsidenten. Die neue Machtverteilung macht diese Entscheidung allerdings äußerst schwierig: Nicht erst aufgrund der Vorgänge im Versorgungswerk sind fast alle Verbände untereinander zerstritten, und kein Verband verfügt über genügend Stimmen, um ohne Koalitionspartner auszukommen.

Im April kommt dann die neue Vertreterversammlung des Versorgungswerks zur ersten Sitzung zusammen – gewissermaßen ist sie das Pendant zum Zahnärzteparlament. Die Vertreterversammlung wählt das geschäftsführende Gremium und eine neue Aufsicht. Bis dahin dürfte klarer sein, wie hoch die Vermögensverluste tatsächlich ausfallen. Bislang handelt es sich nur um Hochrechnungen.

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