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Das Gaswerk an der Gitschiner Straße auf einer Luftaufnahme von 1933.

© BILDARCHIV STIFTUNG LUFTBILD SCHWEIZ

Neue Geschichts-Kolumne „Aus der Zeit“: Wie das Gas ab 1825 nach Berlin kam

Vor fast 200 Jahren begann die industrielle Gasversorgung in Berlin. Das Thema ist wieder brandaktuell.

Eine Kolumne von Beata Gontarczyk-Krampe

Die Gasversorgung Berlins war in diesem Jahr ein Riesenthema. Dabei ist die Geschichte schon fast 200 Jahre alt. Nachdem im April 1825 Preußen und Berliner Polizei einen Monopol-Vertrag mit der englischen International Continental Gas Association (ICGA) unterschrieben hatten, entstand am damaligen Schafsgraben auf den von der Firma gekauften Grundstücken das erste Gaswerk Berlins.

Die offizielle Adresse Vor dem Halleschen Thore, links an der Mauer 4 ist heute schwer zu entziffern auf dem Gründungsdokument. Die Mauer – die Akzisemauer – ist weg. Aber die Straße gibt es nach wie vor. Sie wurde kurz danach in Hellweg umbenannt und später in Gitschiner Straße umgetauft.

Das Englische Gaswerk am Landwehrkanal auf einer undatierten Zeichnung.
Das Englische Gaswerk am Landwehrkanal auf einer undatierten Zeichnung.

© Architektur Museum TU Berlin

Die ICGA hat sich verpflichtet, alle Hauptstraßen und Plätze innerhalb der Akzisemauer mit Gas zu beleuchten. Mit „Stadtgas“ (auch als Leuchtgas bekannt) aus Kohlevergasung – Erdgas ist erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts verbreitet. Die Steinkohle dafür kam bis 1845 zollfrei ausschließlich aus England. Kohle aus dem nahen Schlesien war zu teuer.

Am 1. Januar 1847 erlosch das Monopol der ICGA. Fortan lieferte das erste Städtische Gaswerk, gebaut direkt nebenan, am alten Schafsgraben – wo heute die Hochhäuser an Gitschiner Straße stehen und wo sich der Böcklerpark erstreckt.

Das war genug, um über 2.000 Gaslaternen zu betreiben. Aber nicht, um zu heizen. Das erfolgte seit den 1760ern mit den „Berliner Kachelöfen“. Erbauer Johann Paul Baumer erhielt dafür den von Friedrich II gestifteten Preis für „einen Stubenofen, so am wenigsten Holz vergehrt“.

In 1832 ließ Leopold Faust sein bald europaweit bekanntes Berlin Etablissement „Faust’s Wintergarten“ in der Königsstraße erweitern und seine Glashäuser mit eleganten Sitzecken zwischen Orangen-, Myrthe- und Lorbeerbäumen mittels neuen Zentralheizungsanlage mit zirkulierendem Warmwasser beheizen. Elf Jahre später wurde von Firma Johannes Haag aus Kaufbeuren die erste Zentralheizungsanlage – Dampfheizung – Deutschlands im Schloss Sigmarigen installiert. Die Bestellungen aus Berlin folgten.

Die Entwicklung der Gasheizung ist mit einem bekannten Namen verbunden: Robert Bunsen. Zwei Jahre nach seiner Erfindung des Bunsenbrenners 1857 stellte der Berliner Ingenieur und Fabrikant Richard Wilhelm Elsner im alten Berliner Dom seine kleinen abzugslosen Gasöfen vor. Dass er jedoch tatsächlich der Erste war, lässt sich heute schwer nachweisen.

Was aber feststeht, ist der Tag, an dem die letzte Stadtgas-Flamme ausgelöscht wurde. Das geschah am Freitag, den 10. Mai 1996. Damals verabschiedeten sich die 3000 Mitarbeiter vom Gaswerk Marienfelde und die Gasag drehte den Stadtgashahn endgültig zu. Bis zu dem Tag war Berlin die letzte deutsche Stadt, die noch Leuchtgas produzierte. Das frühere West-Berlin, um genauer zu sein. Ost-Berlin, wie auch ein großer Teil von Westdeutschland, hatten schon im Jahr 1985 auf sowjetisches Erdgas umgestellt. Doch auch dies ist nun Geschichte.

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