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Showdown im Berliner Ausbildungs-Bündnis?: IHK-Präsident stellt die Vertrauensfrage
Nach dem Vorstoß von SPD-Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe in Sachen Ausbildungsplatzumlage ist das Verhältnis zwischen den Bündnispartnern angespannt. Am Montag trifft man sich wieder.
Stand:
Bis Ende dieses Jahres müssen 2000 zusätzliche Ausbildungsverträge abgeschlossen sein. Sonst wird der Gesetzgeber aktiv und schafft eine Ausbildungsplatzumlage. So ist es offiziell unter den Koalitionspartnern CDU und SPD verabredet. Doch hinter den Kulissen wird heftig gerungen, ob die Umlage wirklich sinnvoll ist in der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage.
Die Industrie- und Handelskammer ist strikt gegen eine Umlage, die Gewerkschaften sind dafür, die SPD auch, die CDU ist eher dagegen. Am Montag tagt wieder das Bündnis für Ausbildung, in dem Senat, Kammern, Gewerkschaften und Verbände Maßnahmen verabreden, um das Ziel von 2000 Ausbildungsverträgen zu erreichen. Das Bündnis ist hochrangig besetzt. Neben dem Regierenden Bürgermeister nehmen auch vier Senatsmitglieder teil.
Doch das Vertrauensverhältnis zwischen den Akteuren ist stark angeschlagen. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hatte im April erste Planungen zu einer Umlagefinanzierung von Ausbildungsplätzen vorgestellt und sich damit einen Rüffel vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) eingefangen.
Auch die IHK reagierte ablehnend. Am Freitag sprach IHK-Präsident Sebastian Stietzel mit Blick auf Kiziltepe von einem „Foulspiel“. Wenn die Senatorin öffentlich über eine Umlage spreche, sei das „psychologisch das falsche Signal“, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner.
Möglicherweise ist der ideologisch getriebene Wunsch, auf Biegen und Brechen eine widersinnige Strafabgabe einzuführen, zumindest für Teile des Senats vorrangig.
Sebastian Stietzel, IHK-Präsident
Offenbar glaubten nicht mehr alle Bündnisteilnehmer an den Erfolg, sagte Stietzel. Dabei sei die Marke von 2000 Verträgen noch realistisch zu erreichen, „wenn alle mitmachen und ihren Teil dazu beitragen“. Dass dies geschieht, bezweifelt der IHK-Präsident. Möglicherweise sei der „ideologisch getriebene Wunsch, auf Biegen und Brechen eine widersinnige Strafabgabe einzuführen, zumindest für Teile des Senats vorrangig“. Stietzel fordert die Bündnispartner auf, die weitere Befassung mit dem Gesetzentwurf zur Umlage zu stoppen.

© IMAGO/Maurizio Gambarini
Bislang wurden 700 Verträge erreicht. Die Zielmarke liegt bei insgesamt 34.853 Verträgen zum 31. Dezember 2025. Die Ausbildungsverträge in den Berliner Behörden sind laut IHK im vergangenen Jahr um 18 Prozent zurückgegangen, damit stehe Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlich schlechter da. Allerdings sind in den 18 Prozent auch die Berliner Bundesbehörden eingerechnet.
Die Arbeitsagentur bleibt nach Ansicht der IHK-Führung auch unter ihren Möglichkeiten. 70 Prozent der Unternehmen erhielten von der Arbeitsagentur keine passenden Bewerbungen auf offene Stellen, 32 Prozent gar keine. Bei Nachvermittlungsaktionen der IHK erschienen drei von vier Bewerbern gar nicht.
Die Umlageregelung, die es bislang nur in Bremen gibt, würde bedeuten, dass alle Betriebe in einen Finanztopf einzahlen, aus dem Betriebe, die ausbilden, unterstützt werden. In Berlin gibt es mit rund elf Prozent deutlich weniger Ausbildungsbetriebe als in Bremen, dort sind es rund 21 Prozent.
Stietzel und Schreiner glauben allerdings nicht, dass eine Umlage die Situation am Ausbildungsmarkt verbessern würde. Viele Betriebe möchten ausbilden, fänden aber keine geeigneten Bewerber oder scheuten den hohen Aufwand, um welche zu suchen. Ein Problem sei auch die hohe Abbrecherquote.
Wer gute Löhne bietet, zahlt drauf
Wenn die Umlage so eingeführt würde wie in Bremen, müssten die Berliner Unternehmen 220 Millionen Euro einzahlen. Wer gute Löhne zahlt, müsste mehr Geld aufbringen, weil sich die Umlage an der Bruttolohnsumme orientiert. Die Ausbildungsbetriebe bekämen pro Platz eine bestimmte Summe ausbezahlt. In Bremen wird damit rund ein Drittel der Ausbildungskosten gedeckt.
Was zunächst nach einem gerechten Ausgleich klingt, sei bei näherem Hinsehen unfair, meint Schreiner. Eine Firma, die ein prestigeträchtiges Produkt vertreibt – wie etwa Porsche – habe meist keine Probleme genügend Bewerber zu finden und wäre damit von der Umlage befreit. Andere Firmen könnten ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen und müssten bezahlen.
Zudem sei die Umlage, wie sie in Bremen umgesetzt wird, ein „bürokratisches Monstrum“, binde also Personal in den Unternehmen. Unklar ist bislang, wer für die Verwaltungskosten aufkommen würde.
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