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Feiern ohne Reue: Skandal um Easy Abi schadet Eventagenturen

Berliner Eventagenturen freuen sich über steigende Umsätze. Doch der Skandal um die Abibälle schadet ihrem Ruf.

Sabine Clausecker hat viel Erfahrung mit Veranstaltungen, sie zählt zum dreiköpfigen Vorstand der 1997 gegründeten Event- und Kommunikationsagentur Clausecker-Bingel-Ereignisse in Charlottenburg mit rund 100 Mitarbeitern. Trotzdem wurde auch ihre Tochter ein Opfer der Agentur „Easy Abi“, die wegen mutmaßlichen Betrugs in den Schlagzeilen steht: Die Abiturienten des Potsdamer Schiller-Gymnasiums hatten die Agentur für Schülerpartys und -reisen beauftragt, ihr Abschlussfest im Palais am Funkturm zu organisieren. „Das habe ich leider erst erfahren, als es zu spät war“, sagt Clausecker. Dann aber wurde sie aktiv, und nun ist eine Lösung in Sicht: Das Palais am Funkturm bietet den Eltern und Schülern an, die Räume zu einem stark verbilligten Sonderpreis zu nutzen.

Der Skandal trifft eine Branche, die sich nach der Wirtschaftskrise seit dem vorigen Jahr erholt hat. „Wir spüren eine stark wachsende Nachfrage“, sagt Uta Goretzky von der Branchenvertretung „Forum Marketing-Eventagenturen“ (FME). Die größeren Unternehmen veranstalteten jedoch in der Regel keine Abibälle oder Privatpartys, sondern seien fast nur für Firmen tätig. Bei Empfängen, Bällen, Galas oder Präsentationen gehe es darum, „Marken mit Erlebnissen aufzuladen“. Für die Event- und Kommunikationsagenturen bleibe „der Rufschaden durch Easy Abi gering“, glaubt Goretzky. Die Firmenkunden „wissen, wie es läuft“ und hätten Vertrauen in ihre Partner.

Mehr Sorgen macht sich die Expertin darüber, dass die um Geld geprellten Schüler in ihrem späteren Berufsleben Vorbehalte gegen Eventveranstalter haben könnten. „Wer so etwas erlebt hat, wird wohl nicht Eventmanagement studieren.“ Schwierig könne es auch werden, wenn betroffene Abiturienten nach einem BWL-Studium im Marketing einer Firma landen und dort über Events entscheiden sollen. Im Fall von Easy Abi hat Goretzky die bekannt gewordenen Auftragssummen nachgerechnet. Demnach wurden pro Teilnehmer nur etwa 20 Euro Kosten einkalkuliert. „Damit geht es nicht.“

Doch wie finden Kunden seriöse Anbieter? „Ich muss mich im Vorfeld informieren und zum Beispiel auf der Webseite der Agentur nach Referenzen suchen“, sagt Jürgen Schepers, Branchenkoordinator für Kreativwirtschaft bei der IHK Berlin. Man könne frühere Kunden kontaktieren und nach ihren Erfahrungen fragen.

Zu den Branchengrößen gehört Wohlthat Entertainment. Firmenchef Rainer Wohlthat sagt, die Industrie buche wieder mehr Events. Für Großveranstaltungen jedoch seien die Rahmenbedingungen seit der Katastrophe bei der Love Parade in Duisburg komplizierter geworden. Derzeit bereitet Wohlthat zur Frauen-Fußball-WM eine Fanmeile in Dresden vor. „Es ist schade, dass Berlin nichts zur WM macht“, sagt er. Zu den Fußball-Weltmeisterschaften 2006 und 2010 hatte er mit Partnern die Fanmeilen auf der Straße des 17. Juni organisiert. Für Berlin bereitet er aktuell die „Botanische Nacht“ am 16. Juli vor.

In der „insglück Gesellschaft für Markeninszenierung“ ärgert sich Geschäftsführer Christoph Kirst über „schwarze Schafe“, die seriöse Agenturen diskreditierten. Erstaunlich findet er, dass die Abiturienten ihre Feiern nicht selbst in die Hand nahmen. „Das heißt ja nicht, dass Oma den Kuchen backen und man selbst hinterm Tresen stehen muss.“ Catering und anderen Service böten auch Hotels. Daher werde insglück im Dezember und Januar „Gratis-Coachings“ für Schüler anbieten, um zu zeigen, wie man „professionell und mit Spaßfaktor organisiert“.

Derweil kündigte die Dienstleistungsgruppe Dussmann an, den vom Betrugsskandal betroffenen Ball der Friedrichshainer Ellen-Key-Schule mit Catering im Wert 5000 Euro zu sponsern. Der FC Union öffnet dafür das VIP-Zelt im Stadion an der Alten Försterei.

Für Eventagenturen gibt es kein Gütesiegel. Und selbst Referenzen bieten keine Garantie: „Easy Abi hat auch erfolgreiche Feiern organisiert“, gibt Agenturchefin Clausecker zu bedenken. Daher lässt Andreas Grunszky, Gründer der Agentur Beeftea und der Veranstaltungshalle „Hangar 2“ im Flughafen Tempelhof, seine Arbeit auf einem externen Internetportal von Kunden bewerten. Im April startete Grunszky sein neuestens Projekt und machte ein großes Ufergelände auf der Havelinsel Eiswerder zum „Event-Island“. Bis Anfang Juli ist schon alles ausgebucht. Auf der Insel seien auch kleinere Partys möglich, für die der Hangar 2 zu teuer wäre, sagt der Chef.

Bei den Firmenkunden hat sich einiges geändert: „Viele legen großen Wert auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit“, sagt Christine Bücken von Hardenberg Concept. Auch gehe man bewusster mit dem Aufwand und den Budgets um. Es gehe um Fragen wie: Braucht man wirklich 100 Hostessen oder reichen auch 50? Muss man den Gästen ein Giveaway, also ein Abschiedsgeschenk, mitgeben? Diesen Trend sieht auch Bettina Schrenk, Mitinhaberin der Agentur Schrenk & Schrenk. Außerdem werde mehr Wert auf Arbeitsatmosphäre gelegt. Dass „mit Begleitung“ eingeladen wird, ist nicht mehr selbstverständlich, weshalb manchmal die Zahl männlicher Gäste weitaus größer ist als die der weiblichen. Da leidet dann der Glamoureffekt.

Auch für Alexandra von Rehlingen, Mitinhaberin der Agentur Schoeller & von Rehlingen, geht es bergauf: Alle großen Veranstaltungen finden nach der Krise wieder statt. Wie man eine seriöse Agentur findet? „Es läuft fast immer über Empfehlungen und persönliche Kontakte“, sagt sie. Abgesehen davon solle man immer schauen, was eine Agentur schon gemacht hat, wie lange sie auf dem Markt ist, wie sie vernetzt ist und wie viele Mitarbeiter sie hat. Ihre eigenen Kinder baten sie trotzdem nicht, sich um ihre Abiturbälle zu kümmern. Sie holten sich mal Rat, aber die Organisation übernahmen sie selbst.

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