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In anderen Bundesländern, im Bild Hamburg, darf bereits gestreikt werden. In Berlin ist das  im Einzelhandel erst ab Juli möglich.

© dpa/Bodo Marks

Warnstreiks in Berlin und Brandenburg: Beschäftigte im Handel wollen deutlich höhere Einkommen

Aufgrund niedriger Einkommen sind die Beschäftigten besonders von Preissteigerungen betroffen. Am Dienstag ruft die Gewerkschaft zu Streiks auf.

Ohne Streiks sind Tarifkompromisse in diesem Frühjahr nicht möglich. Am Dienstag rief Verdi die Gewerkschaftsmitglieder bei vier regionalen Pharmagroßhändlern zum Warnstreik auf, da das bisherige Angebot der Arbeitgeber als zu mickrig empfunden wird. Im Groß- und Außenhandel mit rund 60.000 Beschäftigten in der Region wird ebenso wie im Einzelhandel (220.000 Mitarbeitende in Berlin und Brandenburg) um höhere Einkommen gerungen. Verdi fordert 13 Prozent mehr Geld im Großhandel beziehungsweise eine Erhöhung der Stundenlöhne um 2,50 Euro im Einzelhandel, was bei den unteren Einkommen ein Plus von rund 20 Prozent bedeutet.

Bundesweit betreffen die Tarifverhandlungen die Arbeitsbedingungen von rund 1,2 Millionen Beschäftigten im Groß- und Außenhandel sowie mehr als drei Millionen im Einzelhandel. Aufgrund der niedrigen Einkommen sind sie besonders von der Preissteigerung betroffen. Der Anteil von Frauen im Einzelhandel liegt bei etwa 66 Prozent. „Kaum eine Branche ist so von prekärer Beschäftigung geprägt: Die weite Verbreitung von (unfreiwilliger) Teilzeitarbeit oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen führt dazu, dass bei vielen Beschäftigten das Einkommen nicht zum Leben reicht“, heißt es bei Verdi.

Die meisten Beschäftigten seien in den unteren Entgeltgruppen tätig, mit einem Stundenlohn je nach Region zwischen zwölf und 17,44 Euro brutto. Im Außenhandel kämen etwa drei Viertel der Mitarbeitenden nur auf einen Bruttolohn von 2200 Euro. „Damit sind sie in besonderem Maße von der hohen Inflation betroffen und brauchen dringend Entlastungen“, argumentiert Verdi.

Kaufkraft schrumpft deutlich

Neben der hohen Inflationsrate wirkt der Arbeitskräftemangel auf die Tarifrunde. Zudem macht die Gewerkschaft Nachholbedarf geltend: Der letzte Tarifabschluss aus dem Herbst 2021 sah eine Einkommenserhöhung um drei Prozent zum 1. November 2021 und weitere 1,7 Prozent im Juli 2022 vor. Die Preise stiegen jedoch 2022 um 7,9 Prozent, sodass die Verkäuferinnen und Verkäufer einen Kaufkraftschwund von rund sechs Prozent verkraften mussten.

7,5
Prozent bieten die Arbeitgeber für zwei Jahre

Die Tarifverhandlungen finden in den jeweiligen Bundesländern statt. Am weitesten sind die Gespräche in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, wo die Arbeitgeber inzwischen eine Erhöhung der Entgelte in drei Schritten vorschlagen: Drei Prozent sofort, zwei weitere Prozent im Mai 2024 sowie 2,5 Prozent zum Februar 2025. Darüber hinaus soll es eine steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie von 750 Euro sofort und 250 Euro ein Jahr später geben, Teilzeitbeschäftigte bekämen eine anteilige Summe.

Dazu hätten die Arbeitgeber gerne eine Notfallklausel für Unternehmen in wirtschaftlicher Notlage. „Insgesamt kompensiert dieses Angebot die massiv gestiegenen Preise nicht ansatzweise und bedeutet weiter Reallohnverluste für die Beschäftigten“, weist Verdi den Vorschlag zurück. Am 12. Juni werden die Verhandlungen fortgesetzt. Der Tarifkompromiss, der vor der Sommerpause in NRW erwartet wird, gilt dann als Modell für die übrigen Bundesländer.

Mindestens 400 Euro mehr

„Vierzehn Prozent Inflation in den letzten anderthalb Jahren, aber die Beschäftigten sollen mit vier Prozent Lohnsteigerung erheblich teurere Lebensmittel und Energiekosten bezahlen. Das geht überhaupt nicht zusammen“, sagt die berlin-brandenburgische Verdi-Verhandlungsführerin Franziska Foullong zum aktuellen Geschehen im Groß- und Außenhandel.

Verdi fordert 13 Prozent, mindestens aber 400 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeber haben bislang vier Prozent ab Dezember 2023 und weitere 2,1 Prozent ab Dezember 2024 vorgeschlagen, zuzüglich zwei Inflationsausgleichsprämien von jeweils 700 Euro in 2023 und 2024. In zwei Wochen wird weiterverhandelt.

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