
© dpa/Soeren Stache
Kolonialgeschichte sichtbar machen: Kultursenator Chialo enthüllt Gedenktafel
Das ehemalige „Afrika-Haus“ in Mitte war einst der Sitz der Deutschen Kolonialgesellschaft. Eine Gedenktafel weist nun auf seine Geschichte hin.
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Vor dem früheren Sitz der Deutschen Kolonialgesellschaft, dem ehemaligen Afrika-Haus, wurde am heutigen MIttwoch eine Gedenk- und Informationstafel enthüllt. Sie erinnert an die deutsche Kolonialpolitik, die von diesem Ort aus maßgeblich gefördert wurde.
An der Veranstaltung nahm Joe Chialo (CDU) teil, der Berliner Kultursenator ist der Sohn tansanischer Diplomaten. Auch das heutige Tansania war von 1885 bis 1918 Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika.
Chialo wählte zu der Einweihung persönliche Worte. Er bezeichnete das ehemalige Afrika-Haus als einen Ort, der sehr präsent mit seiner eigenen Geschichte zu tun habe: „Ich kenne den Schmerz aus Erzählungen meines Vaters, kenne den Wunsch nach Aufarbeitung der Kolonialgeschichte – wie auch den Wunsch, gemeinsam in die Zukunft zu blicken.“
In dem Gebäude Am Karlsbad 10 in Mitte befindet sich heute ein Wohnhaus. Nur wer genau hinschaut, kann an der Fassade des Hauses Elemente erkennen, die auf seine koloniale Vergangenheit hinweisen: So zeigt ein Bildrelief den stereotyp verzerrten Kopf eines Afrikaners. Bisher gab es keine Hinweisschilder zur Geschichte des Hauses.
Ab 1911 saß hier die Deutsche Kolonialgesellschaft, eine einflussreiche Propagandaorganisation im Kaiserreich. Eines ihrer Kernziele war die Vermittlung kolonialer Ideen an die breite Öffentlichkeit, etwa durch Werbekampagnen, Vorträge und Diaschauen. Auch die Deutsche Kolonialzeitung wurde hier verfasst, sowie Unterrichtsmaterial für Schulen und Universitäten entwickelt.
Die Organisation war 1887 aus einem Zusammenschluss zweier Propagandaorganisationen, der Gesellschaft für deutsche Kolonisation und dem Deutschen Kolonialverein, entstanden. Sie war Anteilseignerin von Siedlungsgesellschaften und förderte Unternehmen, die in den deutschen Kolonien aktiv waren. Auf ihrem Höhepunkt um 1910 hatte sie knapp 43.000 Mitglieder.
Die Initiative für die Gedenkstele ging von Oumar Diallo aus. Er ist Gründer des Vereins Afrika-Haus Berlin, einer Bildungs- und Begegnungsstätte in Moabit. Gemeinsam mit Bezirksstadträtin Almut Neumann enthüllten Diallo und Chialo die Stele. Sie informiert auf Deutsch und auf Englisch über die Arbeit der Deutschen Kolonialgesellschaft.
Chialo betonte, wie wichtig es sei, im öffentlichen Raum an die koloniale Vergangenheit Deutschlands zu erinnern: „Es ist gut, dass wir diese Gelegenheit zur Stadtmarkierung noch haben.“ Geschichte lasse sich kaum besser vermitteln als an realen Orten. Zugleich versuchte er den Blick nach vorne zu richten. Einen Beitrag dazu möchte er durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit afrikanischen Künstler:innen und Städtepartnerschaften leisten.
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