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Strommasten und Windräder heben sich wie Scherenschnitte vom farbenprächtigen Abendhimmel ab.

© Patrick Pleul/dpa

Trotz 2,1 Milliarden Euro für Vattenfall: Berlins Finanzsenator erwartet durch Stromnetz-Kauf keine Preiserhöhungen

2,1 Milliarden Euro zahlt Berlin für den Rückkauf des Stromnetzes – außerhalb des Haushalts. Verbraucher sollen aber von Kostensteigerungen verschont bleiben.

Von Sabine Beikler

So einen Vorschlag erhält das Land nicht alle Tage. Vattenfalls Angebot an Berlin, das Stromnetz zurückzukaufen, kam am 23. Oktober vergangenen Jahres überraschend für das Land. Den Haushalt werden die Kosten in Höhe von 2,1 Milliarden Euro nicht belasten. Trotzdem gab es am Mittwoch im Hauptausschuss eine Debatte über den Netz-Rückkauf, dem der Ausschuss mehrheitlich zugestimmt hat.

Die Finanzierung von 1,2 Milliarden soll am Kapitalmarkt über Konsortien, und 900 Millionen Euro über die Investitionsbank Berlin erfolgen. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sagte, man habe „gute Angebote“ für die Konsortialfinanzierung erhalten. Die Zinssätze würden gering sein. Kollatz sprach von einer längerfristigen Finanzierung und meinte damit einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren.

Er betonte, dass es für die Verbraucher „keine Kostensteigerungen“ geben werde. Die Netzentgelte sind bundesweit geregelt. Die Bundesnetzagentur reguliert den Netzbetrieb und gibt den Betreibern vor, welche Gebühren sie von den Nutzern verlangen dürfen.

Heiko Melzer, Sprecher für Finanzen und Vermögen in der CDU-Fraktion, kritisierte die Risiken des Finanzierungsmodells ebenso wie FDP-Haushälterin Sibylle Meister. „Nur wenn man was Schönes kauft, muss man nicht öffentlich der Gute sein“, sagte Meister. Jetzt habe sich das Land auch noch das Risiko von möglichen Zinsleistungen „aufgehalst“.

FDP: „Man hätte auch über Beteiligungen nachdenken können“

Hinzu komme, dass der Gestaltungsspielraum beim Stromnetz aufgrund der vielen Regulatorien sehr eng sei, sagte Meister. „Man hätte auch über Beteiligungen nachdenken können.“ Auch die energiepolitische Steuerung durch das Stromnetz werde „weit unter den Erwartungen vieler liegen.“ Dem stimmte CDU-Finanzexperte Melzer zu.

Das Logo des Energiekonzerns Vattenfall prangt auf dem Heizkraftwerk Moabit.
Das Logo des Energiekonzerns Vattenfall prangt auf dem Heizkraftwerk Moabit.

© Christophe Gateau/dpa

Finanzsenator Kollatz betonte, dass landeseigene Unternehmen wirtschaftlich geführt würden. Das sei auch beim Stromnetz der Fall. Man spreche von einem Unternehmen, das 995 Millionen Euro Umsatz und 95 Millionen Euro Gewinn gemacht habe. Im Land werde eine Holdinggesellschaft „Berlin Energie und Netzholding GmbH" als Finanzierungsgesellschaft fungieren, die unter anderem für Investitionen verantwortlich sein werde.

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Alle Stromnetz-Mitarbeiter würden bei einem Rückkauf übernommen werden, viele hätten schon Angebote zum Übergang erhalten. Die Zahl der wechselwilligen Mitarbeiter betrage derzeit 109 Mitarbeiter, sagte Kollatz. Es würden aber noch weitere hinzukommen, da bestimmte Teilbereiche noch keine Angebote erhalten hätten. Auch in Zukunft werde es eine enge Zusammenarbeit mit Vattenfall geben.

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Temporäre Speichermöglichkeiten der Netze müssten ausgenutzt werden. „Es ist beabsichtigt, mit Anbietern von Alternativ-Energiestrom zu Angeboten zu kommen“, sagte der Senator. Berlin strebe eine integrierte Netzführung an: Das Netz soll nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gemäß klimaschutzpolitischer Ziele geführt werden. Außerdem werde die Stromnetz Berlin sehr transparent arbeiten und dem Abgeordnetenhaus berichten, so Kollatz.

Der Rückkauf des Stromnetzes war in der rot-rot-grünen Koalition nie strittig. SPD-Haushälter Torsten Schneider betonte, die strategischen Entscheidungen der Finanzverwaltung könne er absolut mittragen. Und von einem Zinsrisiko könne keine Rede sein. Aber jetzt nach einem Kaufangebot an eine Minderheitenbeteiligung zu denken, erschließe sich ihm absolut nicht. Er könne die Gegenargumente nicht nachvollziehen.

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