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Justizsenatorin Lena Kreck verzichtet vorerst auf das Führen ihres Professoren-Titels.

© picture alliance/dpa

Update

Wissenschaftsverwaltung prüft den Fall: Berlins Justizsenatorin lässt Professoren-Titel ruhen

Juristen hatten Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer Berufsbezeichnung geäußert. Lena Kreck begründet den Verzicht nun damit, dass es derzeit „Wichtigeres“ gebe.

Stand:

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) wollte auch als Senatorin nebenbei weiter Professorin sein – und fand das richtig, als der Tagesspiegel sie im Juli nach ersten Zweifeln dazu befragt hatte. Doch am Freitag kurz vor 7 Uhr teilte die Justizverwaltung mit: „Lena Kreck lässt Professorin-Bezeichnung ruhen.“ Sie führe den Titel „ab sofort bis auf Weiteres“ nicht mehr.

Der Senat hatte ihre Nebentätigkeit an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) Mitte Januar genehmigt, das Senatorengesetz lässt das für Lehrtätigkeiten zu. Auch die Justizverwaltung bestätigte Krecks Haltung – „dass ich mich nach meiner Ernennung zur Senatorin berechtigterweise Professorin genannt habe“.

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Doch die Wissenschaftsverwaltung könnte das anders sehen. Mit ihrem Titelverzicht reagiert Kreck nämlich auf ein „Standardverfahren“, für das es „einen Anlass gibt“, wie ein Sprecher der Wissenschaftsverwaltung sagte.
„Es handelt sich um eine laufende Prüfung“, in der Kreck am Freitag „von uns zur Stellungnahme aufgefordert wurde.“

Kreck sagte, sie nehme zur Kenntnis, dass es zu ihrem Fall auch andere Meinungen gebe. In den aktuellen Krisen gebe es aber „Wichtigeres als Debatten in eigener Sache über verschiedene Rechtsauffassungen zu Berufsbezeichnungen“. Zurecht erwarteten die Berlin, „dass sich eine Senatorin auf die Bewältigung der anstehenden großen politischen Aufgaben konzentriert“. Darauf werde sie ihre „ganze Energie richten“.

Die Konsequenzen aus dem Verfahren sind noch unklar - etwa ob Kreck die Professur weiterführt, wie bisher nebenher Abschlussarbeiten von Studenten bewertet und wie angekündigt, im Wintersemester ein Blockseminar gibt. Das werde geprüft, sagte Krecks Sprecher.  EHB-Kanzler Andreas Flegl sagte hingegen: „Das Beschäftigungsverhältnis mit Frau Kreck ruht grundsätzlich. Gleichzeitig haben wir vereinbart, dass Frau Kreck auch weiterhin an der Hochschule lehrt und Abschlussarbeiten prüft. Es wird also weiterhin eine professorale Tätigkeit ausgeübt.“

Hochschulgesetz macht klare Vorgaben

Der Fall hinterlässt den Anschein, dass Kreck trotz des Amtes als Senatorin ihren Titel unbedingt über die Legislatur retten wollte. In ihrer Erklärung hieß es: Spätestens nach der Rückkehr an die EHB werde sie die Bezeichnung als Professorin wieder aufnehmen. Auch die Hochschule geht davon aus, dass Kreck nach ihrer Amtszeit ihre Aufgaben als Professorin wieder „in vollem Umfang wahrnehmen wird“, wie Kanzler Flegl sagte. „Die Professur hier bleibt frei und wird nur im erforderlichen Umfang vertreten.“

Wie es um den Professorin-Titel steht, könnte noch spannend werden. Nach dem Berliner Hochschulgesetz, darf den Titel „nach Ausscheiden aus der Hochschule oder bei Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis“ ohne Zusatz nur geführt werden, wenn die Professoren „ihre Tätigkeit mindestens fünf Jahre lang ausgeübt haben“. Auf Kreck trifft das nicht zu.

Deshalb will der Rechtsexperte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Alexander J. Herrmann, Akteneinsicht nehmen. „Regierungsmitglieder haben eine besondere Vorbildfunktion. Daher muss schnellstmöglich geklärt werden, inwieweit Linken-Justizsenatorin Kreck ihren akademischen Titel zu Unrecht getragen hat. Dies könnte auch strafrechtliche Konsequenzen“, sagte Herrmann.

Nach der Aberkennung des Doktor-Titels der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) „wird dieser Senat nun durch einen weiteren Schummel-Verdacht überschattet“, sagte der CDU-Politiker. AfD-Rechtsexperte Marc Vallendar will eine Strafanzeige gegen Kreck wegen des Verdachts auf Titelmissbrauch stellen. „Entweder ihr Titel wurde bislang rechtmäßig geführt – dann müsste sie nicht darauf verzichten. Oder aber sie verzichtet – dann hat sie ihn bislang offensichtlich rechtwidrig geführt“, sagte er.

Hochschule: Kreck bekleide ordentliche Professur

Die Juristin Kreck war seit 2019 Professorin für Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Recht und Gesellschaft an der EHB. Im Dezember 2021 wurde sie Justizsenatorin. Die EHB stellt die „für zunächst fünf Jahre“ frei. Nach dem Senatsbeschluss zur Nebentätigkeit im Januar war zunächst nur von einer zeitlich begrenzten Nebentätigkeit die Rede. Kreck werde „verbliebene Abschlussarbeiten beenden“. „Im Wintersemester 2021/2022 wird sie drei Erst- und neun Zweitgutachten sowie im Sommersemester 2022 vier Erst- und drei Zweitgutachten zu Bachelor- und Masterarbeiten erstellen“, teilte der Senat damals mit.

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Die EHB wich davon später in ihrer Antwort an den Tagesspiegel ab. Kreck bekleide eine ordentliche Professur. Es sei vereinbart, dass Kreck Prüfungen abnehmen und Lehrveranstaltungen durchführen kann. Damit könne sie auch als Senatorin weiter „akademisches Mitglied der Hochschule“ sein.

Verwaltung: Tätigkeit an der Hochschule fielen nicht ins Gewicht

Doch wieviel Zeit kann die Senatorin für die Lehrtätigkeit haben, wenn sie sich mit ganzer Kraft, wie es im Eid heißt, dem Amt widmet? Im Juli hieß es, Kreck habe „zwei Erstgutachten von Bachelor-Arbeiten“ und „mehrere Zweitgutachten übernommen“. Im Sommersemester 2022 habe sich die Anzahl der Gutachten reduziert.  Sie betreute die Studenten „telefonisch, via Mail und in persönlichen Treffen“. Im Sommersemester habe sie als Erstgutachterin „zwei persönliche Treffen mit den Studierenden“ gehabt. Ab dem Wintersemester 2022/2023 betreue sie einzelne Arbeiten.

Auf die Frage, wieviele Stunden Kreck dafür braucht, antwortete die Justizverwaltung ausweichend: „Die Senatorin ist sehr darin geübt, Texte - auch umfangreicher Natur - binnen kürzester Zeit zu erfassen und zu bewerten. Eine Bachelor-Arbeit entspricht dem Umfang einer etwas umfangreicheren Verwaltungsakte. Solche Akten bearbeitet die Senatorin laufend“, sagte ein Sprecher. Anders als andere Senatsmitglieder habe sie auch kein Abgeordnetenhausmandat. „Im Vergleich mit ihrem Arbeitsalltag als Senatorin fallen die Tätigkeiten an der Hochschule nicht ins Gewicht“, sagte der Sprecher.

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