
© Steffi Bey
Auch wenn Prinz Charles einfach nicht kam: Warum Marina Bikádi die Menschen im Marzahner Kiez lobt
Im Kulturhochhaus können sich Kinder ausprobieren, Nachbarn zum Kaffee treffen oder Gäste übernachten. Dabei dachte Leiterin Marina Bikádi in der ersten Woche ans Aufhören.
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Als Marina Bikádi vor 26 Jahren im Kinderkeller Marzahn anfing, dachte sie: „Länger als eine Woche halte ich es hier nicht aus.“ Wenn sie das nach so langer Zeit erzählt, muss sie ein bisschen lachen. Weil sie natürlich geblieben ist und es im Nachhinein „keine einzige Sekunde bereute“. „Es ist mein Lebenswerk, ich gehöre zum Inventar und werde noch lange weitermachen“, ist die 59-Jährige überzeugt.
Zusammen mit ihrem Team vom Kinderring Berlin e.V. kümmert sie sich liebevoll und ausdauernd um Kinder im Kiez Marzahn Nord-West. Dort, wo es viele Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende gibt und viele Kinder keinen einfachen Start ins Leben haben. Der Kinderkeller ist ein Ort, an dem sich junge Menschen ausprobieren, miteinander Dinge schaffen, die sie sich vorher vielleicht nie zugetraut hätten und wo sie auch Respekt lernen.
Wie zum Beispiel beim Bau der „Wackligen Wolkenstadt“. Unter Anleitung eines Künstlers wurde das Projekt entworfen und gestaltet. Diese große, offene Kugel aus Edelmetall und Holz hat eine Liegefläche in der Mitte, von der es sich wunderbar in den Himmel schauen lässt. Sie steht inzwischen hinter dem Hochhaus an der Wittenberger Straße 85.

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Für Marina Bikádi ist es schön mitzuerleben, wie sich die Mädchen und Jungen verändern, wie sie Vieles hinterfragen, eine eigene Meinung entwickeln und Freude im Alltag haben. „Es gibt hier Kinder mit tollen Fähigkeiten, die super zeichnen oder singen können“, berichtet die Sozialpädagogin. Aber oft werden diese Talente von den Eltern kaum unterstützt. „Wir versuchen Wege zu finden, sie zu fördern, indem wir sie beispielsweise an der Jugendkunstschule anmelden.“
Im Kinderkeller steht immer etwas auf dem Programm. In den nächsten Wochen öffnet mittwochs von 15.30 bis 17.30 Uhr die Weihnachtswerkstatt. Zuvor werden die Kids bei ihren Hausaufgaben unterstützt. „Es macht mich glücklich, wenn ich ihnen dabei helfen kann“, sagt die Leiterin.
Es gibt hier Kinder mit tollen Fähigkeiten. Aber oft werden sie von den Eltern kaum unterstützt.
Marina Bikádi, Leiterin des Kulturhochhauses
Das sei auch das Schöne an ihrem Job: „Kein Tag ist wie der andere und man wird immer gefordert.“ Sie ist davon überzeugt, dass sie die Arbeit mit den Sechs- bis Vierzehnjährigen jung hält.
Und sie ist dankbar für das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die im Kulturhochhaus, wie der Standort an der Wittenberger Straße auch genannt wird, mit anpacken. Schließlich gibt es dort noch das Hochhauscafé und die Pension 11. Himmel.
Das Café war ein Wunsch der Anwohner. Sie treffen sich und plaudern miteinander. Die Pension entstand vor rund 20 Jahren mit dem Ziel, Besucher nach Marzahn zu holen, die sich ein eigenes Bild machen können.

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Jedenfalls ging die Idee auf und Gäste aus der ganzen Welt kommen. Sie sind angetan von den beiden Wohnungen – eine modern eingerichtet, mit Marzahn-Motiven an den Wänden, die andere im englischen Landhausstil. Und begeistert vom Bezirk, den sich viele völlig anders vorstellten.
Gestemmt wird das Projekt mit Hilfe Ehrenamtlicher und mit jungen Menschen, die sich dort beruflich orientieren und ausprobieren dürfen. So gibt es unter anderem Kontakt zur nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft. Gelistet ist die Pension sogar im Marco-Polo- und in einem japanisch-koreanischen Reiseführer.
Prinz Charles antwortete nicht auf einen Brief
Gerne denkt Marina Bikádi an die öffentlichkeitswirksame und lustige Eröffnung der Gäste-Quartiere zurück. Schließlich wurden vorher Pressemitteilungen versandt, in denen stand: „Wir haben zum Termin Prinz Charles eingeladen.“ „Das hat gewirkt und jede Menge Pressevertreter erschienen“, lacht die Chefin. Doch der Prinz kam nicht – er antwortete auch nicht auf den Brief, den ihm das Team von Kulturhochhaus geschrieben hatte.
Noch viel gebe es über das vielseitige Projekt zu berichten. Mittlerweile tauchen die Kinder derer auf, die in den Anfangsjahren herkamen. Solche Momente gehören für die Leiterin zu den schönsten. Sie ist stolz auf das Erreichte und lobt die Menschen im Kiez: weil sie mit anpacken, wenn sie gebraucht werden.
Wie vor ein paar Jahren, als Kindereinrichtungen in Marzahn geschlossen werden sollten. „Erfolgreich kämpften wir für den Verbleib“, sagt Marina Bikádi. Auch auf die Degewo, die die Räume mietfrei zur Verfügung stellt, könne sie sich immer verlassen. Vielleicht wird sie irgendwann ein Buch mit dem optimistischen Titel „Schöne Marzahner Geschichten“ schreiben. Genug Spannendes zu berichten gebe es.
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