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Warten auf Erzieher. Auch an den Schulen, wie hier an der Grundschule am Buschgraben in Zehlendorf, sind Erzieher rar. Stellen bleiben unbesetzt.

© Grundschule am Buschgraben

Eltern schlagen Alarm: Brandbrief an Senatorin: Erziehernotstand an Zehlendorfer Grundschule

Der Senat will gebundene Ganztagsschulen - eine gute Idee. Aber in der Praxis fehlen Mittel und Personal. In Zehlendorf beklagt eine Grundschule deshalb in einem Brief den Erziehernotstand. Der Zehlendorf Blog veröffentlicht den Text.

Berlin hat offensichtlich zu wenig Erzieher - und auch Zehlendorf macht da keine Ausnahme. Eine gemeinsame Presseerklärung der Elternausschüsse Schule und Kita prangert jetzt die Missstände an. Darin heißt es unter anderem: "Wir fordern vom Land Berlin weitere Anstrengungen zur Beseitigung des Fachkräftemangels. Dazu zählen wir vor allem eine spürbar bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Wir brauchen bessere Kontrollen zur Einhaltung des jetzt gültigen Betreuungsschlüssels."

Die Landeselternvertreterin für Schulen, Lieselotte Stockhausen-Döring, sagte dem Zehlendorf Blog des Tagesspiegels: "Eine gute Idee scheitert mal wieder an der Ausführung. Niemand hat offensichtlich daran gedacht, dass wir nicht genug Erzieher haben, dass wir nicht mit den Erzieherprüfungen nachkommen und sogar die Durchfallquoten relativ hoch sind. Wir haben auch deshalb zu wenig Bewerber, weil der Beruf offenbar nicht attraktiv genug ist. Das zu ändern, ist auch eine Aufgabe der Politik."

Welche dramatischen Auswirkungen der Erziehermangel auch für die Schulen hat, zeigt das Beispiel einer gebundenen Ganztagsschule aus Steglitz-Zehlendorf. An der Buschgrabenschule sind seit Februar fünf von fünfzehn Erziehern ausgefallen. Ersatz wurde nicht beschafft. Wie verheerend die Auswirkungen  auf die Praxis einer Ganztagsschule sind, zeigt der  Brief der verzweifelten Elternschaft  an die Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Sandra Scheeres (SPD), den der Zehlendorf Blog im Folgenden veröffentlicht.

Brief der Grundschule am Buschgraben

"Sehr geehrte Frau Senatorin Scheeres,

unsere Grundschule ist eine zweizügige gebundene Ganztagsschule. Laut Stellenschlüssel stehen der Schule 15,98 Vollzeitäquivalente an Erzieherstellen zu. Im Zeitverlauf des Schuljahres 2012/2013 hat sich die Personalsituation drastisch verschlechtert, so dass seit März diesen Jahres insgesamt 4,75 Stellen nicht besetzt sind, weitere 0,25 Stellenäquivalente sind aufgrund befristeter Stundenreduzierungen unbesetzt. Damit steht der Schule knapp ein Drittel der vorgesehenen Erzieher/rinnen nicht zur Verfügung.

Hinzu kommt ein (...) hoher Krankenstand unter dem vorhandenen Personal, nicht zuletzt aufgrund der sehr hohen Arbeitsbelastung durch den Ausfall. Die Gründe für die unbesetzten Stellen sind unterschiedlich: Langzeiterkrankungen von mehr als einem Jahr, seit 2012 unbesetzte Stellen für Integrationserzieher/innen, Ausscheiden einer Kollegin im Dezember 2012 aus Altersgründen. Eine Bewerbersichtung für Vertretungserzieher/innen im Bezirk blieb ohne Erfolg, so dass zurzeit nicht absehbar ist, ob und wann diese Stellen wieder besetzt werden können.

Auch wenn durch Rhythmisierung eine gewisse Kompensation möglich ist - fünf Stellen lassen sich auf diese Weise nicht ersetzen. Die führt u.a. dazu, dass die gemäß dem Konzept einer gebundenen Ganztagsschule in den Schulalltag integrierten Schulaufgabenstunden gehäuft ausfallen müssen und Exkursionen kaum noch stattfinden können.

Erziehernotstand an der Grundschule am Buschgraben. In einem Offenen Brief haben sich die Eltern an die Bildungssenatorin gewandt.
Erziehernotstand an der Grundschule am Buschgraben. In einem Offenen Brief haben sich die Eltern an die Bildungssenatorin gewandt.

© Grundschule am Buschgraben

Den vollmundigen Zielen einer gebundenen Ganztagsschule wie sie der Web-Seite ihres Hauses zu entnehmen ist, ist so definitiv nicht zu entsprechen. Ganz davon abgesehen, dass es aufgrund des gebundenen Ganztags den Eltern nicht möglich ist, die Kinder früher abzuholen, so dass immer alle Kinder bis 16 Uhr betreut werden müssen.

Auch wenn uns bekannt ist, dass die Bewerberlage im Bereich der Erzieherkräfte ausgesprochen schwierig ist, ist die Situation für uns so nicht mehr hinnehmbar. Insbesondere mit Blick darauf, dass die Situation auch für das nächste Schuljahr ungewiss ist. Wir fordern Sie daher auf, sich dafür einzusetzen, dass unsere Schule eine Kompensation geboten wird, z.B. in Form von temporären zusätzlichen Lehrerstunden, um wenigstens einen einigermaßen akzeptablen Schulalltag für unsere Kinder im gebundenen Ganztagsbetrieb zu gewährleisten.

Darüber hinaus stellt sich uns die Frage, welche Anreize in Ihrem Haus angedacht sind, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und in wie weit es Überlegungen gibt, einen Erzieherkräfte-Pool für Vertretungen von langzeiterkrankten Kollegen einzurichten. Bereits im letzten Jahr um diese Zeit sahen wir uns mit einer ähnlichen Situation konfrontiert, auch wenn es damals "nur" drei unbesetzte Vollzeitäquivalente waren. Und es ist wohl davon auszugehen, dass unsere Schule kein Einzelfall sein dürfte.

Wir hoffen auf zeitnahe Unterstützung."

(Der GEV-Vorstand für die Grundschule am Buschgraben)

Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

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