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Die ursprünglichen Bewohner:innen hielten Hühner und Kaninchen auf den Grundstücken. 

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Für arbeitslose Neuköllner Handwerker gegründet: Siedlergemeinschaft Neuland feiert 90-jähriges Bestehen

Anfang der 1930er Jahre sollten finanziell schwache Menschen sich im Süden Neuköllns selbst versorgen können. Die Idee des kleinen Häuschens für alle lebt dort bis heute fort. 

Der Traum vom eigenen Stückchen Land für jedermann und -frau, mitten in der Stadt – das ist kein neuer. In Berlin-Neukölln gibt es mehrere Siedlungen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts für jene gebaut wurden, die schon damals kein eigenes Haus finanzieren konnten. Dazu zählt etwa die Siedlung Neuland I in Britz, die 1932 entstanden ist.

Carola Pinnow wohnt seit 1989 in der Siedlung und ist derzeit stellvertretende Vorsitzende des gleichnamigen Vereins, in dem sich die Bewohner:innen organisieren. „Wenn man älteren Bewohnern glauben darf, wurden arbeitslose Handwerker aus der Sonnenallee geholt, hier auf das damals noch leere Feld gebracht und die sollten dann die Häuser bauen“, erzählt Pinnow.

Die Häuser, überwiegend Doppelhaushälften, wurden dann wohl anschließend unter den Handwerkern verlost. Die Grundstücke gehörten dem Bezirk Neukölln, bis heute übrigens, und wurden per Erbpacht für 99 Jahre an die neuen Bewohner:innen verpachtet. 

„Damals war die Idee wohl, Leuten mit geringen Einkommen die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu ernähren“, erzählt Pinnow. Daher sind die Grundstücke auch verhältnismäßig groß: Auf den rund 1000 Quadratmeter großen Grundstücken sei neben Flächen für den Obst- und Gemüseanbau auch Platz für die Tierhaltung vorgesehen gewesen, etwa für Kaninchenställe und Hühner.

Carola Pinnow, 2. Vorsitzende des Siedlervereins. 
Carola Pinnow, 2. Vorsitzende des Siedlervereins. 

© privat

„Mittlerweile sind wir etwas zusammengerückt“, erzählt Pinnow. 226 Siedlerstellen gibt es derzeit. „Aber der Siedlungscharakter hat sich erhalten, der ist wirklich ganz schön.“

Historische Aufnahmen der Siedlung.
Historische Aufnahmen der Siedlung.

© privat

Inzwischen werden die Häuser nicht mehr im Dunstkreis der früheren Handwerkerfamilien vergeben, stattdessen können sich Familien beim Bezirksamt proaktiv auf frei werdende Häuser bewerben – real eine Chance habe man da aber derzeit wohl nicht, sagt Carola Pinnow. 

Voraussetzung ist, dass die Familien über einen WBS verfügen. „Was natürlich durchaus ein Widerspruch ist: Ein niedriges Einkommen haben und dann das Haus bezahlen.“

Als sie selbst 1989 aus Kreuzberg in die Siedlung zog, sei das „wie ein Lottogewinn“ gewesen, sagt Pinnow: Mit zwei Kindern sei das Haus mit großem Grundstück ideal gewesen. 

„Die Kinder konnten hier ziemlich unbesorgt auf der Straße spielen, es gab viele versteckte Winkel. Das waren für die Kinder ziemlich paradiesische Zeiten“, erzählt sie und hebt dann noch den Gemeinschaftssinn der Nachbar:innen hervor: Zwar gebe es mittlerweile einige, die sich nicht mehr im Verein engagierten oder auch sonst eher heraushielten. „Das sind aber eher Einzelfälle“, sagt Pinnow. 

Sonst sei es üblich, sich gegenseitig auszuhelfen. Zudem finden regelmäßig Feiern, Kinderfeste und andere Nachbarschaftsveranstaltungen statt. Auch das 90. Jubiläum wurde kürzlich natürlich gemeinsam gefeiert. Da war dann auch Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) vor Ort und gratulierte. 

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