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Arbeitet klimapositiv. Nina Mannheimer gewinnt den Bold-Future-Award 2022.

© privat / Catherine Peter

Gewinnerin des Bold-Future-Awards 2022: Wie eine Berlinerin mit der App Klim die Landwirtschaft revolutionieren will

Nina Mannheimer aus Berlin hat mit zwei Partnern ein Start-up gegründet. Mit ihrer App wollen sie Landwirt:innen helfen, klimapositiv zu arbeiten und CO2 im Boden zu speichern.

| Update:

Die Landwirtschaft ist Nina Mannheimer nicht in die Wiege gelegt worden. Aufgewachsen in München, hat sie in London Politikwissenschaften studiert und lebt seit vier Jahren in Berlin. Hier hat sie vor zwei Jahren zusammen mit zwei Partnern das Start-up Klim gegründet, das Landwirt:innen helfen soll, klimapositiv zu arbeiten.

Konkret bedeutet das, die Begleitung auf dem Weg in eine regenerative Landwirtschaft, in der aktiv CO2 im Boden gespeichert wird. Das fördert sowohl die Bodengesundheit als auch die Ertragssicherheit.

Der Zeitpunkt, in diese Marktlücke vorzustoßen, hätte nicht besser gewählt werden können. Zeiten der Dürre, der explodierenden Düngerpreise und Energieknappheit steigern das Interesse gewaltig. „Klimaveränderungen spüren Landwirte früher als Städter“, weiß Nina Mannheimer.

Auf wenig Raum viel produzieren

Über 1800 Landwirte sind in den vergangenen beiden Jahren schon dazu gekommen und dokumentieren ihre Bemühungen um Umwelt- und Klimaschutz auf der App. Außerdem tauschen sie sich mit anderen über die Möglichkeiten beim regenerativen Anbau von Getreide, Obst und Wein aus.

„Landwirtschaft hat mich privat schon immer interessiert“, sagt die 27-Jährige. Besonders die Permakultur und die Frage, wie man auf wenig Raum möglichst viel produziert, hat sie beschäftigt.

Trotz „Riesenpotenzial“ bislang wenig Unterstützung

Irgendwann lernte sie Robert Gerlach kennen, der sich als Ingenieur auf Klimaschutz konzentriert hatte und die Firma Threebility aufgebaut hatte, die Tools entwickelt, mit deren Hilfe Firmen nachhaltiger produzieren können.

Gemeinsam mit dem Südafrikaner Adiv Maimon, der für die technische Umsetzung zuständig ist und zuvor in seiner Heimat Nachhilfe-Start-ups für medizinische Fachangestellte aufgebaut hatte, erschlossen sie das „Riesenpotenzial“, das die nachhaltige Landwirtschaft bietet.

 Wir können aber Klimaziele nur erreichen, wenn wir CO2 speichern.

Nina Mannheimer

„Bislang bekamen die Landwirt:innen dabei wenig Unterstützung“, hat Nina Mannheimer beobachtet, die zuvor in einer Innovationsagentur gearbeitet hatte. „Wir können aber Klimaziele nur erreichen, wenn wir CO2 speichern.“ Das habe große Vorteile. Es werde weniger Düngemittel gebraucht, und die Ernte lässt sich nicht nur stabilisieren, sondern die Erträge können langfristig, also in einem Zeitraum von circa fünf bis sieben Jahren sogar gesteigert werden.

Bei der Umstellung auf Bio-Produktion werden hingegen die Erträge reduziert. Diese Art der Produktion führe außerdem dazu, dass die Böden mehr Nähstoffe enthielten und resilienter würden.

Als Kind hat Nina Mannheimer gern ihre Ferien in einem Bauernhof am See verbracht, später hat sie dann Bücher über Städteplanung gelesen, wollte wissen, wie man Städte grüner macht. Jetzt fährt sie aus ihrer Wohnung in Neukölln oder ihrem Büro in Prenzlauer Berg ins Umland, um mit den Bauern dort zu reden, die experimentieren, organisiert auch Events mit den Bauern.

Vom Klimasünder zum Klimahelden

„Wir sind viel in den neuen Bundesländern unterwegs, weil es da tendenziell die größeren Betriebe gibt“. In den Gesprächen will sie auch ergründen, warum die regenerative Landwirtschaft bislang so wenig gefördert wird, und welchen Bedarf es gibt sowohl beim Ackerbau wie bei der Viehzucht.

Mit Hilfe der App Klim will Nina Mannheimer die Landwirtschaft vom Klimasünder zum Klimahelden machen. Derzeit ist die Landwirtschaft für nahezu einem Viertel der Emissionen verantwortlich, trägt also signifikant zum Klimawandel bei. Nach Schätzungen der Klim-Initiatoren kann regenerative Landwirtschaft bis zu elf Gigatonnen CO2 jährlich sparen und so zum aktiven Klimaschutz transformiert werden.

Erst Mühlen und Molkereien, dann internationale Unternehmen

Durch den Verkauf von sogenannten „Carbon Credits“ werden die Landwirt:innen entlohnt. Wie das funktioniert, erklärt Nina Mannheimer so: „Wir suchen uns Unternehmen, die sich Klimaziele gesetzt haben. Die sprechen wir dann gezielt an.“ Finden kann man sie zum Beispiel mit Hilfe von Sustainability Reports.

25
Mitarbeiter:innen beschäftigt das Unternehmen

Als Beispiel nennt sie einen Kekshersteller. In dem Fall haben sie den Bauern gefunden, der den Weizen für die Kekse herstellt und die Emissionen deutlich reduzieren kann. Um die eigene Klimabilanz zu verbessern und ihren CO2-Abddruck zu kompensieren, kommen die Unternehmen etwa für Maschinen auf, die helfen, weniger zu düngen oder für klimafreundlichere Aussaaten sorgen.

„Wir arbeiten mit Mühlen und Molkereien und perspektivisch auch mit mehr internationalen Unternehmen.“ Inzwischen zählt das Start-up schon 25 Mitarbeiter. Tendenz steigend.

Mannheimer hat den Bold-Future-Award, gewonnen, der am Dienstagabend  in der französischen Botschaft vergeben wurde. Der Preis erinnert an die „Veuve“ (Witwe) Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, die gegen den Geist ihrer Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts ein bis heute erfolgreiches Champagner-Unternehmen aufgebaut hat.

Bold-Woman-Award für Jobvermittlung für Geflüchtete

Mit dem Bold-Woman-Award wurde die Gründerin des gemeinnützigen Sozialunternehmens „socialbee“, Zarah Bruhn ausgezeichnet. Als Dienstleister bringt „socialbee“ Geflüchtete unbürokratisch mit Unternehmen zusammen und hilft, bürokratische Hürden zu überwinden. Gegründet im Jahr 2016 hat das Unternehmen seitdem 800 Geflüchtete vermittelt an Familienbetriebe wie an Dax-Konzerne. Bei „socialbee“ sind 100 Geflüchtete angestellt.

Der neue französische Botschafter François Delattre begrüßte die Gäste bei der von Dunja Hayali moderierten Verleihungszeremonie , darunter Iris Berben, Ursula Karven, Florian Gallenberger, Loretta Stern, Dennenesch Zoudé und Verena Pausder, die den Bold-Woman-Award 2019 gewonnen hat.

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