
© ZB / Sabrina Szameitat
Gewobag lässt Hof in Prenzlauer Berg räumen: Mieter fürchten „Zerstörung“ ihres grünen Berliner Idylls
Seit zwei Jahrzehnten pflegen Anwohner ihren Wohnhof selbst - nun fordert die landeseigene Vermieterin sie zur „Beräumung“ auf.
Stand:
Beton statt Grün im Hof – das fürchtet die Mietergemeinschaft des Hauses Immanuelkirchstraße 15. Seit etwa 20 Jahren pflege sie ihren Hofgarten selbst, erklärt sie. Doch nun soll das grüne Kleinod „beräumt“ werden. „Wir gehen davon aus, dass „Beräumen“ zerstören meint“, schreiben die Mieter in einer Erklärung.
Das Haus in Prenzlauer Berg wird verwaltet von der landeseigenen Gewobag. Mit ihr sei vor Jahren mündlich eine Vereinbarung getroffen worden, dass die Bewohner sich selbst um ihren Hof kümmern. „Im Laufe dieser langen Zeit ist durch die von uns finanzierte und gepflegte insektenfreundliche Bepflanzung aus unserem Hof ein echtes, schützenswertes Biotop geworden“, so die Gemeinschaft.
Es gebe dort Platz für Singvögel, Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln sowie ein Insektenhotel. „Auch ein Grünspecht kommt gelegentlich vorbei“, so die Gemeinschaft. „Und auch für uns ist der Hof ein Ort der Erholung mitten in der Stadt geworden.“
Aus unserem Hof ist eine echtes, schützenswertes Biotop geworden
Mietergemeinschaft der Immanuelkirchstraße 15
Seit einigen Monaten würden leider auch Ratten auf dem Hof leben. Ursachen seien „zum einen die von uns schon vielfach beanstandete Konstruktion des Müllplatzes inklusive defekter Mülltonnen auf dem Hof und auch die häufig unregelmäßige Entsorgung“. Vor allem sei jedoch die Lage des Grundstücks schuld: „Es ist nach drei Seiten offen bzw. nur durch durchlässige Zäune nach außen abgegrenzt.“ In unmittelbarere Nähe befinde sich ein größeres brachliegendes Grundstück, auf dem Müll lagere und zeitweise eine ganze Fuchsfamilie lebe. Die Ratten hätten sich stark vermehrt.
„Wir haben diesen Umstand der Gewobag angezeigt, die daraufhin einen Schädlingsbekämpfer beauftragte“, so die Gemeinschaft. Auf Anraten dieses Fachmannes habe man den Hof stark beräumt: „Zuletzt waren es deutlich weniger Ratten.“

© privat
Trotz „sehr vieler Kommunikationsversuche“ habe sich die Wohnungsbaugesellschaft nicht zu einem persönlichen Termin bewegen lassen. „Stattdessen teilt die Gewobag mit Schreiben von heute, 3.11.22 per Briefkasteneinwurfschreiben mit, die Gartenpflege nun selbst zu übernehmen.“ Bis zum 14. November solle alles „Private“ wie Fahrräder, eine Gartenbank, eine Tischtennisplatte und Spielzeug im Sandkasten entfernt werden, weil der Hof „beräumt“ werde.
Man habe von anderen Häusern gehört, „deren Hof umgegraben und quasi versiegelt wurde. Das wollen wir unbedingt verhindern, denn es ginge ein intaktes Stück Natur mitten in der Großstadt verloren.“
Und was sagt die Gewobag dazu? „Der Hof wird nicht versiegelt, der grüne Charakter bleibt erhalten“, verspricht Sprecherin Julia Scholz auf Anfrage. Weil es zum „massiven Rattenbefall“ gekommen sei, „haben wir diese Maßnahme veranlasst“. Dabei stehe „die Gesundheit und das Wohl unserer MieterInnen an erster Stelle“.
Dass die unregelmäßige Müllentsorgung möglicherweise Teil des Problems ist, räumte Scholz ein. Man sei „in engem Austausch mit den Entsorgungsfirmen und weisen diese sofort darauf hin, sollten Mülltonnen defekt sein oder die Entsorgung unregelmäßig erfolgen“.
Wie genau der Hof umgestaltet werden soll, sagte Scholz nicht. Man wolle sich nach der Beräumung „selbstverständlich mit unseren MieterInnen austauschen, wie und in welchem Ausmaß die Grünpflege künftig erfolgen soll“. Bei der Gewobag „ein angenehmes Wohnumfeld, sozialer Zusammenhalt und ein regelmäßiger Austausch mit unseren MieterInnen im Fokus. Wir freuen uns, wenn sich MieterInnen aktiv einbringen und unterstützen diese Vorhaben gerne.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: