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Das Meme erhielt auf der Instagram-Seite Nord Nord Memes die meisten Likes und Kommentare.

© Nord Nord Memes

„Hier ist nicht alles geil“: Wie einer mit Memes liebevoll über den Berliner Norden lästert

Ein 20-Jähriger aus Berlin-Reinickendorf betreibt die größte Meme-Seite des Bezirks auf der Plattform Instagram. Hier erzählt er, was er an Reinickendorf ideal findet - und was ihn nervt.

| Update:

Anfangs waren es Null, dann 50 – heute, zwei Jahre später, hat „Nord Nord Memes“ über 4900 Follower auf Instagram. Die Meme-Seite wird von einem 20-Jährigen aus Berlin-Reinickendorf betrieben. Wie er heißt, aussieht und aus welchem Ortsteil er kommt, das will er lieber nicht öffentlich machen, „wegen Privatsphäre und so“. Und sowieso, es geht ja nicht um ihn, sondern um die Seite. Darüber berichtet jetzt der aktuelle Tagesspiegel-Newsletter für Reinickendorf, den es in voller Länge und kostenlos hier gibt: tagesspiegel.de/bezirke.

Also zu den Memes (ausgesprochen „Miehms“). Historisch leitet sich das Wort vom Altgriechischen „Mímēma“ ab – zu Deutsch, „das Nachgemachte“. Aufgetaucht ist der Begriff Meme später auch in der Evolutionsbiologie, um auf Gemeinsamkeiten biologischer (genetischer) und kultureller (memetischer) Entwicklung zu verweisen.

Und heute? Sind Memes ein popkulturelles Internetphänomen. Es sind Bilder, die aus dem Kontext gerissen und online geteilt werden, meist mit einer humoristischen Aufschrift. Der Mittwochsfrosch, ein millionenfach geteiltes Meme, kam beim Jugendwort des Jahres 2021 sogar in die Top 10 – mit dem Wort „Mittwoch“.

Bei Nord Nord Memes ging alles mit einem Spaziergang los: „Ich bin im Frühling 2020 durch Heiligensee spaziert und kam an der Dachsbau-Disko vorbei“, beschreibt der Nordberliner die Entstehung seines ersten Memes. Zu dieser Zeit – mitten in der Pandemie – war dort natürlich nichts los. „Früher war hier jeden Freitag Party, da gab’s auch mal nach 18 Uhr Cola“, scherzt er. „Und das hat mich auf die Idee mit dem Vergleich zum Berghain gebracht.“

Ein Witz, den nur Reinickendorfer:innen verstehen: Der Dachsbau ist eine Kinderdisco in Nordberlin.
Ein Witz, den nur Reinickendorfer:innen verstehen: Der Dachsbau ist eine Kinderdisco in Nordberlin.

© Nord Nord Memes

Die Idee zu seiner Meme-Seite hatte er schon länger – auch andere Meme-Kanäle mit ironisch und sarkastisch aufgearbeiteten Posts aus dem jeweiligen Berliner Bezirk gibt es auf Instagram.

Reinickendorfer Themen seien jedoch unterrepräsentiert, findet der 20-Jährige. „Es gibt viel für Leute aus dem A-Bereich, aber Reinickendorf ist eben ein anderes Berlin als Friedrichshain.“ Deshalb habe er am 26. September 2020 „einfach mal“ die Instagram-Seite Nord Nord Memes gestartet.

„Hide the Pain Harold“ weiß genau, wie es sich anfühlt, aus dem Reinickendorfer Teil Berlins zu kommen.
„Hide the Pain Harold“ weiß genau, wie es sich anfühlt, aus dem Reinickendorfer Teil Berlins zu kommen.

© Nord Nord Memes

„Wir wollten eine Plattform, auf die wir uns beziehen können“, erklärt der Gründer der Seite, der sein Abitur auf einem deutsch-französischen Gymnasium ablegte. Entsprechend ist der Humor der Memes auch nur für Menschen mit Bezug zu Reinickendorf zu verstehen. Und für die sind die Pointen umso witziger.

Die meisten Follower der Seite seien zwischen 18 und 24 Jahre alt, verrät der 20-Jährige. Und die sind mittlerweile zu einer eingeschweißten Community zusammengewachsen, die die Posts fleißig liken, kommentieren und auch selbst erstellte Memes einsenden. „Ich kenne mittlerweile den Großteil meiner guten Freunde über die Seite und sogar meinen besten Freund. Grüße an Robert an dieser Stelle!“, lässt der Reinickendorfer ausrichten.

Die Community der Meme-Seite komme aus dem ganzen Bezirk, und der gebürtige Reinickendorfer habe die Ortsteile so nochmal neu kennenlernen können. „Mich hat zum Beispiel einer angeschrieben, der aus dem Titisee-Kiez kommt. Der hat mich dann einfach mal eingeladen und dort rumgeführt“, erzählt der 20-Jährige begeistert.

Meine Oma kommt beispielsweise aus Wittenau, das ist so kontrastreich. Auf der einen Seite Platten, auf der anderen gutbürgerliches Leben.

Der 20-Jährige über sein Reinickendorf

Überhaupt gefalle ihm, wie vielfältig der Bezirk sei. „Du hast ja alles hier. Meine Oma kommt beispielsweise aus Wittenau, das ist so kontrastreich. Auf der einen Seite Platten, auf der anderen gutbürgerliches Leben.“ So sei der ganze Bezirk, auch wenn Reinickendorf ja größtenteils aus Wald bestünde, wie er schmunzelnd anmerkt.

Das Logo der größten Reinickendorfer Meme-Seite „Nord Nord Memes“
Das Logo der größten Reinickendorfer Meme-Seite „Nord Nord Memes“

© Nord Nord Memes

Was nervt ihn an Reinickendorf? Darauf hat der Betreiber der Meme-Seite sofort eine Antwort parat: „Die Anbindung! Es kann doch nicht sein, dass man nach Mitte 20 Minuten braucht, aber in einen anderen Ortsteil 40“, kritisiert der Nordberliner. Auch die steigenden Mieten und die zunehmende Gentrifizierung stören ihn. „Ich kann damit nichts anfangen, und es geht schon am Kutschi los.“ Aktuell fragt er sich, ob er in ein WG-Zimmer an den Franz-Neumann-Platz ziehen soll, das 600 Euro kostet.

„Hier ist nicht alles geil“, findet der 20-Jährige. Trotzdem wolle er in Reinickendorf bleiben. Auch, weil man hier noch ein Stück kultiges, altes Berlin finde. „Und wer dem Eskapismus frönt, für den ist es hier eigentlich ideal. Nur feiern gehen kann man hier halt nicht“, sagt er lachend.

Für die Zukunft hat der Meme-Macher auch schon Pläne. Gern würde er ein Handwerk erlernen, zum Beispiel Tischlerei oder Veranstaltungstechnik. Seine Seite möchte er wie bisher weiterführen, immer dann, wenn er Zeit hat. Und eines will er seinen treuen Followern nicht vorenthalten: Merch wie T-Shirts mit dem Logo von Nord Nord Memes, das wünscht sich seine Community schon lange. Bisher gab es nur hier und da einige Sticker, aber „irgendwann kommt’s“, verspricht er.

Lokalpolitik erreicht mich nicht.

Gründer von Nord Nord Memes

Die Gestaltung des Logos überließ der 20-Jährige damals seiner Community im Rahmen eines Wettbewerbs. Das Design, das die meisten Stimmen bekam, stammte von Felix Schönebeck, Reinickendorfer CDU-Bezirksverordneter und Vorsitzender des Vereins I love Tegel. Mit den Parteien habe er aber sonst nicht viel am Hut.

„Lokalpolitik erreicht mich nicht“, sagt der Reinickendorfer. Dennoch ist der Meme-Macher breit vernetzt, unterstützt auf seiner Seite regionale Betriebe, Vereine und Musiker:innen. „Man kennt sich, Berlin ist halt ein Dorf.“


Hier die Themen aus dem aktuellen Tagesspiegel-Newsletter für Reinickendorf

Immer mittwochs erscheint der Tagesspiegel-Newsletter für Reinickendorf. Den gibt es in voller Länge, einmal pro Woche mit vielen konkreten Bezirksnews, Tipps, Terminen unter tagesspiegel.de/bezirke. Und diesmal berichtet Lisa Erzsa Weil unter anderem über diese Themen:

  • Residenzstraße und Schäfersee: Top-Thema in der BVV
  • Gericht beschließt Wiederholungswahl - Bürgeramt ist dicht.
  • U6 Alt-Tegel: Ersatzbus-Haltestelle barrierefrei
  • CDU Reinickendorf trauert um den Frohnauer Bezirksverordneten Frank Marten
  • Forderung von Tempo 30: Bürgerinitiative Zabel-Krüger-Damm schickt Senatsverwaltung Fragenkatalog
  • Abteilung Badminton SV Berliner Bären lädt ein zum Tag der offenen Halle
  • Unsere Vorweihnachts-Tipps: Adventsbasar in der JVA Tegel, Tannenbaum-Aktion und -Tour im Lettekiez
  • Für erfinderische Kids: Entdecken, Basteln und Programmieren im Märkischen Viertel
  • Die ultimative Trash-Gala: Workshops und Bühnenprogramm in der Nochmall

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