
© Jugendzentrum Potse
Lärmschutz für Punkkonzerte fehlt: Autonomes Jugendzentrum in Berlin-Tempelhof darf die Nachbarn nicht stören
Vor gut anderthalb Jahren unterschrieb das Potse-Kollektiv den Nutzungsvertrag für die Alte Zollgarage in Tempelhof. Noch immer kann das Jugendzentrum die Räume nicht richtig nutzen.
Stand:
Gerade noch rechtzeitig vor den Wahlen im September 2021 hatte das autonome Jugendzentrum Potse die seit mehr als zweieinhalb Jahren besetzten Räume in der Potsdamer Straße aufgegeben. Eine polizeiliche Räumung konnte so vermieden werden.
Unter Vermittlung des damaligen Bausenators Sebastian Scheel von der Linken hatte der Trägerverein der Potse einen Vertrag mit dem Bezirk geschlossen, dass die Jugendlichen die Alte Zollgarage am ehemaligen Flughafen Tempelhof nutzen können und der Bezirk die Miete zahlt.
Klar war dabei stets, dass der neue Raum einen Lärmschutz erhalten muss, denn in der Potse wird auch Punk gemacht. Punk ist laut, und er würde die übrigen Mieter stören. Genauso klar war damals auch, dass für diese Ausbauarbeiten der Senat aufkommen müsste, da die Kosten die finanziellen Möglichkeiten des Bezirks bei Weitem übersteigen.
Das Potse-Kollektiv hat die Zollgarage seit mehr als einem Jahr jetzt zur Verfügung. Aber Punk kann da noch immer nicht stattfinden. Der Linken-Politiker Scheel wurde 2021 wieder ins Abgeordnetenhaus gewählt, gab sein Mandat aber zurück. Und für das Ressort Bau war in der folgenden Legislaturperiode der Sozialdemokrat Andreas Geisel zuständig. Der fühlte sich schon vor einem Jahr nicht mehr an die Zusagen seines Amtsvorgängers gebunden.
Kein Geld zur Verfügung, keiner fühlt sich zuständig
Inzwischen lag zwar eine Kostenschätzung von 615.000 Euro für Umbauarbeiten vor. Unklar war jedoch, ob solche Arbeiten überhaupt mit dem Denkmalschutz vereinbar sind. Geld stand dafür laut Senatsverwaltung ohnehin nicht zur Verfügung. An dieser Auffassung hat sich bis heute nichts geändert, wie sich auf Nachfrage bei Geisels Sprecher Martin Pallgen ergab. Die Senatsjugendverwaltung fühlt sich ebenfalls nicht zuständig und verweist auf den Bezirk.
Wir sind vor allem frustriert, dass die Politiker das eine sagen und dann das andere machen
Paul, Sprecher für die Potse
Bei der Potse ist deswegen nichts mehr so wie früher. „Wir sind vor allem frustriert, dass die Politiker das eine sagen und dann das andere machen“, sagt Paul, einer der Sprecher des Kollektivs. „Das zeigt, wie wenig sich die Politik für Jugendarbeit interessiert.“ Dabei sei absurd, dass im Jugendförderplan des Senats selbstverwaltete Jugendarbeit eins der Hauptthemen sei, sagt Paul. Dass der Bezirk den Umbau nicht zahlen könne, könne er verstehen: „Aber für den Senat sind das Peanuts.“
Inzwischen gebe es wieder Veranstaltungen in der Potse, aber der gut 500 Quadratmeter große Raum sei schlecht zu nutzen. An Konzerte sei nicht zu denken. Durch den Denkmalschutz gibt es viele Auflagen. „Das schränkt die Kreativität ein“, sagt Paul. Man dürfe nichts an den Wänden anbringen und müsse auf die Lautstärke achten.
Zu Veranstaltungen wie dem traditionellen Punkrocktresen seien früher 100 bis 150 Jugendliche in die Potsdamer Straße gekommen, jetzt kämen gerade einmal 30 bis 40 nach Tempelhof. Die Zollgarage sei auf dem Gelände auch nicht so leicht zu finden.
Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) ist auch nicht glücklich mit der Situation. Schließlich zahlt sein Amt die Miete für den Raum. Er möchte in Kürze bei der Senatsverwaltung mal wieder nachfragen, was mit den Umbauten ist. Der damalige Bausenator Scheel habe seinerzeit schließlich die Zusagen gemacht. Der Mietvertrag läuft nach Schworcks Angaben längstens drei weitere Jahre: „Ohne eine Antwort der Senatsverwaltung kann ich nicht einschätzen, wie es weitergehen soll.“
Übrigens: Der ehemalige Bausenator Scheel ist für die Linke wieder ins Abgeordnetenhaus eingezogen: Dort könnte er sich jetzt im Parlament dafür einsetzen, dass Gelder im Doppelhaushalt 2024/25 für die Umbauarbeiten in der Zollgarage oder für eine andere längerfristige Lösung eingestellt werden.
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