
© Dominik Lenze
Spart sich Berlin Bobbi und Nicole?: Spielplatz-Pferde werden zum Haushaltsrisiko: „Hatten es geahnt“
Zwei Fjordpferde auf einem Abenteuerspielplatz erfreuen Kids aus einer Berliner Plattenbausiedlung. Doch jetzt stehen die Huftiere auf der Streichliste des klammen Bezirks.
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Nicole hat ihr Maul weit geöffnet. „Sie gähnt – das macht sie nur, wenn sie sich wohlfühlt“, sagt André Sroka. Der pädagogische Mitarbeiter steht im matschigen Sand des Abenteuerspielplatzes Ford Robinson, zusammen mit den Pferden Nicole und Bobbi. Bis Jahresende kann Fjordpferd-Dame Nicole noch unbesorgt weiter gähnen – dann wird es für sie und Bobbi, das zweite Pferd auf dem Platz, brenzlig.
Denn ab 2026 soll die bezirkliche Förderung für die tiergestützte Jugendarbeit wegfallen. Offiziell sind es keine Kürzungen, sondern „Umstrukturierungen“ im Haushalt des Jugendamts. Der Abenteuerspielplatz als Ganzes werde weiter gefördert, bestätigt das Bezirksamt auf Nachfrage – aber der Zuschuss für die Tiere falle weg.
Die beiden Pferde leben auf dem Abenteuerspielplatz Ford Robinson, am Rande einer Plattenbausiedlung in Neu-Hohenschönhausen. Hier können Kinder überwiegend kostenlos toben, klettern, Natur erleben – und Tieren begegnen.
„Misslich“: Pferde bringen Bezirk in Geldnot
Das Jugendamt in Lichtenberg blieb als einer der wenigen Bereiche von Kürzungen im kommenden Doppelhaushalt verschont, was auf der letzten Bezirksverordnetenversammlung als Erfolg herausgestellt wurde. Die Förderung für die Fjordpferde war, wie ein Sprecher auf Nachfrage erklärt, nur vorübergehend.
Auch im Bezirksamt findet man es „misslich, dass eine Fortführung der Förderung durch den Bezirk nicht möglich ist“, so ein Sprecher von Bezirksstadträtin Camilla Schuler (Linke). Weil eine andere Jugendeinrichtung nach Sanierung nun wieder öffne, habe man Mittel umschichten müssen. „Eine Finanzierung wäre nur durch Kürzungen an anderer Stelle möglich“, so der Sprecher. Die Mittel, mit denen die Bezirke haushalten müssen, werden vom Senat zugeteilt.
Abenteuerspielplatz an der Platte
Der Abenteuerspielplatz Ford Robinson wurde 1991 eröffnet und wird von der gemeinnützigen GmbH Kietz für Kids betrieben. Er richtet sich an Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren, zu den Angeboten zählen zum Beispiel das Bauen von Hütten, Basteln mit Naturmaterialien und eben auch der Umgang mit den beiden Fjordpferden Bobbi und Nicole.
Die Nachricht über den drohenden Wegfall der Förderung kam vor wenigen Wochen – „so kurz vor Jahresende, das war schon sehr kurzfristig“, sagt Anja Thonig, Mitarbeiterin beim Träger Kietz für Kids. Ganz unerwartet sei es allerdings nicht gewesen: „Wir hatten es schon geahnt. Aber gehofft haben wir trotzdem.“
„Der Abenteuerspielplatz ohne die Pferde ist eigentlich nicht zu denken“, sagt André Sroka. Nicht wenige Angebote in der Einrichtung drehen sich schließlich um die beiden Tiere: Es gibt eine Reit-AG, Voltigierübungen, mittwochs ein offenes Reitangebot. Kinder können dann kostenlos vorbeikommen. Schulen aus der Umgebung, darunter auch Förderschulen, würden ebenfalls regelmäßig Ausflüge zu den Tieren unternehmen, so Sroka.
Fjordpferde sind „wie für Kinder gemacht“
Kinder lernen, wie man mit den Tieren umgeht, was sie fressen dürfen und was nicht, wie man sich um sie kümmert. „Im Grunde geht es darum, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Sroka. „Das macht was mit dem Selbstwert, wenn die Kids lernen, mit so einem großen Tier umzugehen“, ergänzt Mitarbeiterin Thonig.
Fjordpferde gelten als ruhig und gesellig. „Die haben ein super Gemüt, für Kinder sind sie wie gemacht“, sagt Sroka. Nicole ist 22 Jahre alt, ihr Gefährte Bobbi mit 15 Jahren etwas jünger. Bis vor wenigen Jahren lebte hier noch ein drittes Fjordpferd, Yannick. „Der wurde 32 Jahre alt, ein hohes Alter für ein Pferd“, sagt Sroka.
Kosten von 50.000 Euro
Bobbi und Nicole sind „mittlerweile sehr close“, sagt Thonig. Wenn der Abenteuerspielplatz die Pferde nicht behalten könne, dürften sie nur im Duo abgegeben werden. „Fjordpferde kann man nicht trennen. Sonst würden die depressiv“, sagt Sroka.
„Ohne zusätzliche Unterstützung müssen wir Bobbi und Nicole abgeben“, befürchtet Thonig. Die Kosten für die beiden Pferde belaufen sich ihren Angaben zufolge auf etwa 50.000 Euro pro Jahr.
Finanziert werden müssten Futter, Tierarzt und Hufschmied sowie Personal, das sich um die Pflege der Tiere kümmert. Aktuell sammelt der Träger im Rahmen einer Spendenkampagne Geld, um die tiergestützte Arbeit mit den beiden Fjordpferden zu erhalten.
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