
© Franziska von Werder
„Zeichen gegen missbräuchliche Nutzung von Wohnraum“: Neukölln kauft Wohnhaus in der Jansastraße vor
Neukölln hat erneut das Vorkaufsrecht gezogen: In dem Haus in der Jansastraße 12 hatte der Vorbesitzer teils nur Matratzen statt Wohnungen vermietet. Der Fall könnte Vorbildcharakter haben.
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Neukölln hat ein Wohnhaus in der Jansastraße 12 im Reuterkiez zugunsten der landeseigenen Wohnungsgesellschaft Stadt und Land vorgekauft. Die Entscheidung fiel am Mittwoch kurz vor Ablauf der Frist, wie Senat und Bezirk verkündeten.
Die Jansastraße ist der erste Fall, in dem ein Bezirk das Vorkaufsrecht wegen illegaler Umbauten und verbotener Mietpraxis zieht. In dem Haus befinden sich aktuell 22 Wohnungen.
Wie berichtet, wollte der Bezirk hier erstmals in den Verkaufsprozess eingreifen, weil die Umnutzung des Hauses nicht mehr dem eigentlichen Wohnzweck entsprechen soll. Das Amt verwies dafür auf die Milieuschutzverordnung, mit der Mieter:innen in angespannten Wohnungsmärkten geschützt werden sollen.
In dem Haus sollen unter anderem Grundrisse verändert, Wohnungen mit Mini-Zimmern gewerblich auf Zeit vermietet und teils gar nur Matratzen vermietet worden sein.
Der Vorkauf sendet ein wichtiges Zeichen an den Markt: Häuser kaufen, illegal umbauen und dann gewerblich vermieten, funktioniert in Neukölln nicht.
Jochen Biedermann (Grüne), Baustadtrat in Neukölln
Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) sprach von einem „deutlichen Zeichen gegen den Missbrauch von Wohnraum.“ Der vorliegende Fall zeige, „dass Berlin konsequent gegen Geschäftsmodelle vorgeht, die illegale bauliche Veränderungen sowie Nutzungsänderungen vorsehen, mit denen systematisch bezahlbarer Wohnraum entzogen wird.“ Der Senat unterstützt den Vorkauf in derartigen Fällen finanziell aus Landesmitteln.
Auch der Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sieht in dem Vorkauf ein „wichtiges Zeichen an den Markt“: Der Fall solle signalisieren, dass Investoren im Bezirk nicht einfach „Häuser kaufen, illegal umbauen und dann gewerblich vermieten“ könnten.
Fall wurde drei Monate lang geprüft
„Dieser Fall zeigt, dass es sich lohnt, dass wir im Bezirksamt jeden Verkauf intensiv prüfen und alle Instrumente nutzen, die wir haben“, sagte Biedermann dem Tagesspiegel. Er dankte vor allem den Mitarbeiter:innen im Bezirksamt, die seit drei Monaten an dem Fall gearbeitet hätten.
„Die letzten Tage waren wir in stetigen Abstimmungen mit unseren Partner:innen“, sagte Biedermann weiter. Nur so sei es letztlich gelungen, „alle Fallstricke aus dem Weg zu räumen“.
Der eigentliche Käufer wollte demnach keine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen, um das Haus wieder in reguläre Wohnungen zurückzubauen. Dies soll nun die landeseigene Wohnungsgesellschaft übernehmen.
Der Fall ist erst die dritte Anwendung des Vorkaufsrechtes, seit das Bundesverwaltungsgericht 2021 die bis dahin in vielen Bezirken angewandte Vorkaufsrechtspraxis untersagte. In den beiden früheren Fällen begründeten die Bezirke Neukölln und Pankow die Anwendung mit massiven baulichen Mängeln.
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