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Ein Davidstern in den Händen einer Frau (Symbolbild).

© Getty Images/D-Keine

Tagesspiegel Plus

„Ich überlege, ob ich rechtzeitig wegkomme, wenn es wieder losgeht“: Eine Jüdin erzählt von ihrem Alltag in Berlin

Der 7. Oktober hat für J.L. alles verändert: Die Jüdin trägt keinen Davidstern mehr, Essen bestellt sie nur noch unter falschem Namen. Anonym und unter großen Sicherheitsvorkehrungen berichtet sie in Reinickendorf von ihrem Alltag.

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Es ist keine Veranstaltung wie jede andere. Das wird schon auf dem Vorplatz des Gemeindezentrums der Berliner Apostel-Johannes-Kirche klar. Eingepfercht zwischen den Hochhäusern des Märkischen Viertels steht der Betonbau und erinnert ein wenig an einen Bunker. Im Kiez leben „viele Religionen und Kulturen zusammen“, wird Pfarrer Ralf-Ulrich Kowalke drinnen später sagen.

Doch zunächst steht der Sicherheitscheck an. Am Eingang kontrollieren Sicherheitsleute die Taschen der Besucher. Polizeibeamte sind da und sprechen mit dem Pfarrer. Unter dem Titel „Nach dem 7. Oktober 2023: Wie geht es Juden in Deutschland? Und was haben wir Christen damit zu tun?“ hat Kowalke zur Podiumsdiskussion geladen.

Neubau aus Sichtbeton: Das Gemeindezentrum der Apostel-Johannes-Kirche im Herzen des Märkischen Viertels.

© Evangelische Apostel-Johannes-Kirchengemeinde

„Man kann in Berlin tragen, was man will, nur keine Kippa. Man kann leben, wie man will, nur nicht als Jude“, beginnt der Pfarrer. „Das ist für mich als Berliner und Christenmensch ein Skandal.“ Gut zwei Dutzend Gäste sitzen in dem kahlen Gemeindesaal mit seinen stahlgrauen Sichtbetonwänden.

Die Sicherheitsvorkehrungen dienen dem Schutz des Hauptgastes: In der Einladung wird sie nur mit den zwei Initialen „J.L.“ angekündigt. J.L. ist Jüdin, arbeitet als Politikberaterin, wurde in der Schweiz geboren und lebt seit zehn Jahren in Berlin. Ihren Namen nennen die Podiumsteilnehmer nicht. Auch das, um sie zu schützen, heißt es.

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