
© Julia Schmitz
Theater im Einkaufscenter: Wie eine Initiative den Kiez in Berlin-Treptow zusammenbringt
Vor einem Jahr zogen Katrin Wegner und Michael Schmitz mit ihrem Kunger-Kiez-Theater ins Park Center Treptow. Es ist eines von zahlreichen Projekten, die das Ehepaar ehrenamtlich stemmt.
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Theater kann eigentlich überall stattfinden: auf der Wiese, im Wohnzimmer oder in einer Lagerhalle. Doch die meisten Bühnen befinden sich in eigenen Häusern, mit samtenem Vorhang und Weinbar im Foyer. Das KungerKiez Theater in Alt-Treptow fällt in diesem Sinne eindeutig aus der Reihe: Es befindet sich nämlich in einem Einkaufszentrum. Seit einem Jahr läuft der Spielbetrieb in einem ehemaligen Ladengeschäft auf der ersten Etage des Park Center Treptow. Über 7000 Zuschauerinnen und Zuschauer haben seitdem die Vorstellungen besucht, viele davon sind Kita-Gruppen.
Hinter dem Theater steht die KungerKiez Initiative, die Katrin Wegner und Michael Schmitz 2007 gründeten. Schmitz, der im Rheinland geboren wurde, war bereits 1999 nach Alt-Treptow gezogen und hatte erlebt, wie das ehemalige Straßenbahndepot an der Elsenstraße abgerissen und auf dem Gelände das Park Center gebaut wurde.
„Die Karl-Kunger-Straße war damals noch von vielen kleinen Läden gesäumt, hier gab es eigentlich alles. Mit dem Einkaufszentrum sind die alle nach und nach eingegangen“, erzählt er. Die Stimmung im Kiez sei plötzlich viel schlechter gewesen.
Solidarität während der Pandemie
Er war überzeugt, etwas an der Situation und der Verödung des Kiezes ändern zu müssen. Das sei der Gründungsmoment der KungerKiez Initiative gewesen, sagt er. „Ich wollte das eigentlich nur fünf Jahre oder so machen.“ Das Theater, das bis zum Umzug in das Park Center an verschiedenen Orten zu Hause war, gründete Schmitz vor allem, weil er selbst früher Musical-Darsteller hatte werden wollen; aufgrund einer Verletzung hatte er aber umdisponieren müssen. Mittlerweile ist er dort auch als Regisseur tätig.
Angefangen hat die Initiative ebenfalls in einem ehemaligen Ladengeschäft, die Angebote für Kinder und Erwachsene waren teilweise gratis oder auf Spendenbasis. Lange Zeit arbeiteten alle Beteiligten ausschließlich ehrenamtlich, der Verein musste immer wieder Förderanträge stellen und finanzierte sich vor allem durch Mitgliederbeiträge. Als während der Pandemie fast alle Kursangebote wegfielen, half ihnen die enorme Solidarität aus der Nachbarschaft, die Kosten zu stemmen.
Im Dezember 2022 erhielt die KungerKiez Initiative die Anerkennung als Stadtteilzentrum. „Das wird nochmal viel verändern“, sagt Schmitz. Vor allem auf finanzieller Ebene: Zum ersten Mal nach 15 Jahren bekommt der Verein eine Regelförderung durch den Senat, aus der er zweieinhalb feste Stellen finanzieren kann.
Workshops zu Klima und Umwelt
Zuschüsse kommen auch vom Bundesumweltministerium für das Projekt „Prima Klima Lebenswelt“, das Wegner und Schmitz organisieren: „Wir haben unter anderem Lastenräder angeschafft und einen Kiezgarten aufgebaut“, erzählt Wegner. Regelmäßig bieten sie außerdem Workshops zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltbildung an oder veranstalten einen Kleidertausch.
Dass Schmitz und seine Frau zwanzig Jahre später mit dem Theater selbst im Park Center ein Zuhause gefunden hätten, sei die Ironie der Geschichte. „Das Center ist über die Jahre zu einem Treffpunkt für die Nachbarschaft geworden, man kennt sich hier“, so Schmitz. Das ehemalige Geschäft haben sie in Eigenregie umgebaut und ein teures Brandschutzkonzept erstellen müssen, obwohl das gesamte Center mit einer Sprinkleranlage ausgestattet ist.
Tatsächlich ist die Zukunft des Ortes noch ungewiss, denn die Eigentümer wollen einen Teil der Gebäude abreißen und neu bauen. Müsste das Theater umziehen, begänne alles von Neuem. Schmitz und Wegner zeigen sich aber optimistisch: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“
Dies ist ein Text aus dem aktuellen Newsletter für Treptow-Köpenick, der jeden Montag erscheint. In dieser Woche finden Sie darin außerdem folgende Themen:
- Reisepassdienst: Im Park Center Treptow gibt es jetzt ein ukrainisches Bürgeramt
- Umbau von Sportanlage und Spreepark: Droht dem Plänterwald ein „Parkinfarkt“?
- Bahnhof Schöneweide: Kein Wohlfühlort, aber laut Polizei auch kein Brennpunkt mehr
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- Ein Gläschen Wein oder auch zwei: Köpenick lädt zum Winzerfrühling
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