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Der Graefekiez soll für privates Parken gesperrt werden. Das Versuchsprojekt heißt Graefekiez ohne Parkplätze, noch stehen hier Autos.

© IMAGO/Sabine Gudath

Verkehrsexperiment in Berlin-Kreuzberg: CDU beantragt Sondersitzung zum parkplatzfreien Graefekiez

Vor der Wiederholungswahl verschärft sich der Streit um das Verkehrsexperiment. Die CDU hat eine Sondersitzung beantragt, die Opposition kritisiert Falschaussagen.

Stand:

Kurz vor der Wiederholungswahl hat die CDU-Fraktion Friedrichshain-Kreuzberg eine Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beantragt. Auf der Tagesordnung der „außerordentlichen BVV-Sitzung“ an diesem Donnerstag um 17 Uhr steht nur ein Tagesordnungspunkt: der Einwohnerantrag „Keine Experimente mit den Menschen im Graefekiez!“.

Beim Verkehrsexperiment „Parkplatzfreier Graefekiez“ soll ein ganzer Kiez parkplatzfrei werden – ein halbes Jahr lang, mindestens. Ein Antrag von Grünen und SPD zum Verkehrsexperiment wurde im Juli 2022 von der BVV beschlossen. Der voraussichtliche Start ist für das Frühjahr 2023 anvisiert.

Die CDU-Fraktion ist dagegen. Sie unterstützte seit Sommer 2022 eine Unterschriftensammlung im Kiez. Insgesamt 1444 gültige Unterschriften wurden Ende November vom BVV-Büro bestätigt. 1000 gültige Signaturen benötigt ein solcher Antrag, um der BVV zur Abstimmung vorgelegt zu werden. Im Antrag wird vom Bezirksamt gefordert, „das Experiment und alle damit geplanten Maßnahmen sofort zu beenden“.

Die Anwohner haben das Recht, dass über ihren Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Eingang im BVV-Büro entschieden wird.

Timur Husein, CDU-Fraktionssprecher und Vertrauensperson des Einwohnerantrags

„Die Sondersitzung hat die CDU-Fraktion beantragt, um noch vor der Wiederholungswahl zu einer Entscheidung in dieser Sache zu kommen“, erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Timur Husein. Die Anwohner:innen hätten das Recht, dass über ihren Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Eingang im BVV-Büro entschieden wird.

Mit der Wiederholungswahl könne der Einwohnerantrag aber frühestens Ende März in der BVV besprochen werden – "und auch nur dann, wenn der Einwohnerantrag nicht in den Ausschüssen vertagt wird“, sagt Husein. Schließlich soll der Verkehrsversuch wohl im Frühjahr starten.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende ist gleichzeitig Vertrauensperson des Einwohnerantrags und hatte diesen bei der BVV Ende Januar vorgestellt. Andere Anwohner:innen waren bei diesem Termin nicht anwesend.

Die CDU möchte noch vor der Wahl eine Entscheidung über den Antrag erzwingen, ohne dass eine fachliche Diskussion mit Bürger*innen und Expert*innen überhaupt stattfinden kann.

Pascal Striebel, Grünen-Fraktionssprecher

Die Fraktionen Grüne, SPD und Linke monierten Falschaussagen im Antrag. So sollen entgegen der Aussage im Einwohnerantrag Parkplätze für Menschen mit Behinderungen erhalten bleiben.

„Die CDU-Fraktion geht mit Falschangaben und Falschannahmen auf Stimmenfang. Das ist ein ganz billiges Wahlkampfmanöver“, sagt die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Peggy Hochstätter dem Tagesspiegel. Das Modellprojekt „autofreier Graefekiez“ solle mehr Verkehrssicherheit und Klimaschutz garantieren. „Dabei ist es uns wichtig, dass alle Menschen im Graefekiez aktiv am Projekt teilhaben können. Das heißt auch, das Projekt familienfreundlich und behindertengerecht zu gestalten sowie Parkplätze für diejenigen zu garantieren, die darauf angewiesen sind.“ 

In der Sitzung im Januar wurde der Antrag letztlich in die Ausschüsse für Umwelt und Verkehr und Ordnung überwiesen. „Um ihn tiefergehend und gemeinsam mit den Anwohner*innen fachlich zu diskutieren und Vorstellungen, Bedenken und Vorschläge anzuhören“, erklärt Pascal Striebel (Grüne) die Überweisungen. Außerdem müsste in den Ausschüssen auch „über die von der CDU gestreuten Falschinformationen zum Feldversuch“ aufgeklärt werden. Stattdessen „möchte die CDU noch vor der Wahl eine Entscheidung über den Antrag erzwingen“ – ohne fachliche Diskussion mit Bürger:innen und Expert:innen.

Husein ergänzt des Weiteren zur Begründung der Sonder-BVV: „Es wäre Steuerverschwendung“, wenn Verkehrsstadträtin Annika Gerold (Grüne) „kurz vor Beginn des Experiments steht, der Einwohnerantrag im April eine Mehrheit in der BVV bekommt und die gesamten Vorbereitungen umsonst wären.“

Dass die Oppositions-Fraktionen für den Einwohnerantrag stimmen, ist allerdings unwahrscheinlich. Laut Pascal Striebel seien konkrete Schritte zur Umsetzung des Feldversuchs noch nicht vorgenommen worden. „Diese werden, wie angekündigt, erst nach Vorstellung des Konzepts und weiteren Beteiligungsformaten erfolgen.“


Aus Friedrichshain-Kreuzberg berichtet Nele Jensch in dieser Woche außerdem über folgende Themen:

  • Wiederholungswahl 2023: ADFC befragt Xhainer Parteien zu Fahrradinfrastruktur-Vorhaben
  • Erdbeben in der Türkei: Xhain hilft, helfen Sie mit!
  • Achtjähriges Maueropfer: Vor 50 Jahren ertrank Cengaver Katrancı in der Spree
  • Halleluja: Die New York Gospel Stars kommen nach Berlin
  • Nur für junge Erwachsene: 50 Euro-Gutschein für Kulturangebote
  • Tickets für The Residents zu gewinnen
  • Wie fragil darf Klimapolitik sein? Diskussionsrunde mit CDU-Stadtrat und Klima-Aktivist:innen
  • „Wir pflanzen die Zukunft“: Plakatwettbewerb für Kinder 

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