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 Ein Bett steht in einem möblierten WG-Zimmer (Symbolbild).

© dpa/Christophe Gateau

„Wohnen auf Zeit“ : Neukölln untersagt befristete Mietverträge in Milieuschutzgebieten

Der Neuköllner Baustadtrat will künftig verbieten, dass Investoren Wohnungen möbliert und befristet vermieten. Dabei beruft er sich auf das Baugesetzbuch.

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Neukölln will Immobilieneigentümer:innen künftig untersagen, ihre Wohnungen in Milieuschutzgebieten möbliert und befristet zu vermieten. Der zuständige Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) beruft sich dabei auf das Baugesetzbuch und diverse, noch anhängige Musterklagen. Nach Charlottenburg-Wilmersdorf ist Neukölln der zweite Berliner Bezirk, der eine solche Regelung ankündigt.

Der Anteil der Wohnungen, die voll ausgestattet „auf Zeit“ vermietet werden, habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen, teilte das Bezirksamt mit. Dabei seien die geforderten Mieten im Durchschnitt mit 24,44 Euro Miete pro Quadratmeter mehr als doppelt so hoch als in regulären Mietverhältnissen (11,54 Euro), gibt das Amt mit Verweis auf den IBB Wohnungsmarktbericht 2023 an.

Der Baustadtrat argumentiert, dass die Angebote für „Wohnen auf Zeit“ sich von vornherein an finanziell besser situierte Personen richten würden. Diese könnten die angestammte Bevölkerung auf Dauer verdrängen, die die hohen Mieten nicht zahlen könnten. Genau das solle die Milieuschutzverordnung verhindern – und deswegen könnten die befristeten Angebote in den Milieuschutzgebieten nicht genehmigt werden.

Bei der befristeten und möblierten Vermietung werden Schlupflöcher im Mietrecht ausgenutzt und horrende Summen verlangt.

Jochen Biedermann, Baustadtrat in Neukölln

Auf genau diese Milieuschutzverordnung, den Paragrafen 172 im Baugesetzbuch, verweist Biedermann auch grundsätzlich: Aus seiner Sicht sei die möblierte, befristete Vermietung von Wohnungen eine „antragspflichtige Nutzungsänderung“, heißt es in einer Mitteilung des Bezirks.

„Bei der befristeten und möblierten Vermietung werden Schlupflöcher im Mietrecht ausgenutzt und horrende Summen verlangt“, erklärte Biedermann. So komme schnell eine Gesamtmiete von 3500 € für 80 Quadratmeter zustande. In Neukölln führe diese Praxis dazu, dass die Zahl bezahlbarer Wohnungen immer weiter schrumpfe.

Gericht untersagt Aufteilung von Wohnungen in Mini-Zimmer

Das Bezirksamt hat nach eigenen Angaben mehrere Musterverfahren eingeleitet, um befristete wieder in reguläre Mietwohnungen zu überführen. Sollte der Bezirk damit Erfolg haben, dürfte das auch eine Signalwirkung auf andere Berliner Bezirke haben: Berlinweit wird seit einiger Zeit darüber diskutiert, wie die Zahl möblierter Wohnangebote verringert werden kann.

Einen ersten juristischen Erfolg erzielte Neukölln im vergangenen Jahr: Das Oberverwaltungsgericht hatte eine Klage einer Immobilienfirma abgewiesen, die aus einer Zwei- eine Fünf-Zimmer-Wohnung gemacht und die Zimmer einzeln an Studierende vermietet hatte. Diesen Umbau hatte das Bezirksamt nachträglich untersagt, gegen den Rückbau zog die Firma vor Gericht.

22,44
Euro Miete pro Quadratmeter kosteten möblierte Wohnungen 2023 durchschnittlich.

Auch in dem Fall hatte das Oberverwaltungsgericht auf die mögliche Verdrängung der angestammten Bevölkerung verwiesen. Das Bezirksamt sieht sich dadurch nun in seiner Praxis bestärkt – und lässt es nun gewissermaßen drauf ankommen.

„Menschen mit geringen und mittleren Einkommen finden immer schwerer eine Wohnung“, sagt Biedermann. In Milieuschutzgebieten wolle er „diese Praxis einschränken und unerlaubte Vermietungen konsequent verfolgen. Wir sind zuversichtlich, dass unsere neue Verwaltungspraxis einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung standhält.“

In Neukölln gibt es vergleichsweise viele Milieuschutzgebiete: Unter anderem der gesamte gleichnamige Ortsteil fällt unter die Schutzbestimmungen.

Rückendeckung erhält der Bezirk auch von der künftigen Bundesregierung: CDU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, möblierte Zimmer stärker zu regulieren. So soll es Vermieter:innen künftig erschwert werden, die Mietpreisbremse zu umgehen. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte sich kürzlich für härtere Sanktionen für Vermieter:innen ausgesprochen.

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