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Berlin: Bildertausch Berlin - Rom: Der Schrei des Holofernes

Einen Menschen zu köpfen, ist kein Vergnügen. Nicht für Judith, obwohl ihr doch damit unsterblicher Ruhm zuteil werden sollte.

Einen Menschen zu köpfen, ist kein Vergnügen. Nicht für Judith, obwohl ihr doch damit unsterblicher Ruhm zuteil werden sollte. Ihr, der Retterin des jüdischen Volkes, die Nebukadnezars General Holofernes erst überlistet und dann umbringt. Nicht als strahlende Siegerin hat Caravaggio sich seine Judith vorgestellt, eher als eine, die tut, was eben getan werden muss, sich dabei ihrem Opfer so fern wie nur möglich hält, auf der Stirn eine tiefe senkrechte Falte. Abscheu scheint ihre Miene auszudrücken, gegen Holofernes, der noch schreit, obwohl sein Haupt fast abgetrennt ist und das Blut weit herausspritzt, gegen sich selbst, die mit dieser Tat ihre Unschuld endgültig verliert.

Sieben Gemälde des italienischen Malers Caravaggio (um 1560 bis 1609), allesamt aus der berühmten Sammlung Giustiniani, besaß die Berliner Gemäldegalerie einst, nur ein einziges ist nach den Wirren des letzten Krieges übriggeblieben, und auch dieses ist derzeit nach Rom ausgeliehen. Für einige Monate aber ist gestern Ersatz angekommen: Gemeinsam mit seiner Kollegin Mochi Onori vom Palazzo Barberini in Rom stellte Jan Kelch, Direktor der Gemäldegalerie, Caravaggios Gemälde "Judith enthauptet Holofernes" vor, gemeinsam mit dem "Konzert" (1629) des von Caravaggio beeinflußten Niederländers Hendrick ter Brugghen. Der Bildertausch steht im Zusammenhang mit einer Ausstellung in Rom, zu der Berlin 20 Gemälde beigesteuert hat und die ab Mitte Juni auch hier, im Alten Museum, zu sehen ist: "Caravaggio in Preußen. Die Sammlung Giustiniani und die Berliner Gemäldegalerie".

Die Sammlung war Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts in Rom von den Brüdern Marchese Vincenzo Giustiniani und Kardinal Benedetto Giustiniani zusammengetragen worden, ein Schatz von 600 Gemälden und 2000 antiken Bildwerken. In den beiden folgenden Jahrhunderten wurde die Sammlung wieder aufgelöst. Ein kleiner, aber exzellenter Teil ging an einen Pariser Kunsthändler, für den sich die Niederlage Napoleons bei Waterloo und der Einzug der Verbündeten der "Heiligen Allianz" als Glücksfall erwies. Auf Empfehlung des Kronprinzen erwarb Preußens König Friedrich Wilhelm III. 1815 einen Posten von 75 Gemälden, zunächst zur Dekoration der Schlösser in Charlottenburg, Potsdam und Berlin, aber auch schon mit Blick auf ein künftiges Kunstmuseum in der Residenzstadt. Es dauerte dann noch bis 1830, dass der Schinkel-Bau am Lustgarten, erstes Domizil der Gemäldegalerie, wirklich fertig war. Immerhin 42 Werke des Berliner Teils der Sammlung blieben trotz der schweren Kriegsverluste erhalten, ein Teil wurde nun nach Rom ausgeliehen, um im alten Palazzo Giustiniani gezeigt zu werden.

Das "Judith"-Gemälde hatte Caravaggio für einen römischen Bankier geschaffen. Es entstand um 1598/99, zu Beginn seines letzten, besonders stürmischen Lebensjahrzehnts. Oft war er in Ehrenhändel verwickelt, stand im Konflikt mit der Justiz. 1605 musste er wegen eines Duells fliehen, ein Jahr später nach einem weiteren, diesmal für den Gegner tödlichen erneut. Für solch in blutiges Sujet wie Judith genau der richtige Mann.

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