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Bischof Bätzing empfängt Bundespräsident: „Wer Probleme angeht und spürbar zu lösen versteht, gewinnt Vertrauen“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz spricht über „Auswege aus der Vertrauenskrise“. Da hören auch Spitzenpolitiker genau hin.
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Wer Menschen für sich gewinnen will, muss sich heute mehr denn je anstrengen. Das spüren Kirchen und Parteien gleichermaßen. Für einen bemerkenswerten Vortrag zu diesem Thema hätte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ein besseres Publikum kaum wünschen können.
Es ging bei seinem Vortrag zum St.-Michael-Jahresempfang in der Katholischen Akademie in Berlin um „Auswege aus der Vertrauenskrise”, und in der ersten Reihe saßen am Montagabend unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Familienministerin Karin Prien (CDU), außerdem der Berliner Erzbischof Heiner Koch und der Apostolische Nuntius in Deutschland, Nikola Eterović.
Sie alle eint offenbar die Sorge um den großen Vertrauensverlust, der die Gesellschaft erfasst hat und krank macht. Die Kirche, so schien es, ist auf dem Weg, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, schon ein Stückchen weiter, weil sie ihre Sünden, allen voran Macht- und Kindesmissbrauch, erkannt, benannt und mit der Aufarbeitung begonnen hat.
Dass der Vertrauensvorschuss, der früher selbstverständlich war, aufgebraucht ist, haben ihr die vielen Austritte gezeigt. Wie sehr es auch anderswo in der Gesellschaft bröckelt, verdeutlichen die Wahlergebnisse der jüngeren Zeit.
„Dienende Kirche“ als Lösung gegen den Abwärtstrend
Zugehörigkeit, egal, ob beispielsweise zur CDU oder SPD, ob zur katholischen oder evangelischen Kirche, sei nicht mehr wie in früheren Zeiten selbstverständlich, nicht mehr Teil der Identität und vom Schicksal gegeben, stellte Bätzing fest. Die Menschen seien kritischer geworden, verlangten sichtbare Leistung.
Für Bätzing ist die Umkehr zu „einer dienenden Kirche” eine Möglichkeit, dem Abwärtstrend zu entkommen und besser zu werden. In der Welt sei viel mehr guter Geist vorhanden, „als wir wahrnehmen“. Es gelte, Ausschau zu halten nach Kooperationspartnerschaften mit Menschen guten Willens.
Folglich solle sich der Blick nicht auf Unglückspropheten und Angstmacher richten, sondern auf eine Kooperation der Hoffnungsvollen, „mit denen wir gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung eintreten wollen“.
Aus Anlass des Martinstags erinnerte Bätzing auch an einen Heiligen, der nicht nur für seinen mit den Armen geteilten Mantel berühmt ist, sondern ebenso dafür, dass er bereit war, auch gegenüber Mehrheiten in seiner eigenen Kirche aus seinem christlichen Glauben heraus Sand ins Getriebe zu streuen.
Praktizierter Glaube sei niemals davon zu trennen, was wahr und tragfähig ist, sagte Bätzing weiter. Gastgeber Karl Jüsten, der als oberster Lobbyist der Kirche im politischen Berlin fungiert, freute sich über viel Gesprächsstoff beim anschließenden Empfang durch diesen Impuls mit Bätzings pragmatischem Fazit: „Wer Probleme angeht und spürbar zu lösen versteht, gewinnt Vertrauen.“
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