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Ein Mann, ein Buch. Heinz Buschkowsky bei einer Lesung im Herbst.

© dpa

Trotz Gerichtsbeschluss: Buschkowsky schweigt weiter

Was schafft ein Politiker alles im Nebenjob? Der Bestseller „Neukölln ist überall“ entstand auch im Bezirksamt. Gab es dort Hilfe für den Bürgermeister, der sich zu diesem Thema hartnäckig bedeckt hält?

Über Politiker und ihre Nebeneinkünfte wird viel diskutiert, erstaunlicherweise nur nicht im Zusammenhang mit dem Buch des Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky. „Neukölln ist überall“ hatte sich nach Erscheinen im Herbst einen Spitzenplatz in den Bestsellerlisten erobert. Eine imponierende Einzelleistung für einen Vielbeschäftigten, das Werk hat immerhin rund 400 faktenreiche Seiten.

Doch wie es scheint, ist das Werk nicht Buschkowsky allein zuzuschreiben. Er könnte Helfer im Bezirksamt beschäftigt haben, die im Nebenjob für den Rathauschef tätig wurden. Möglicherweise haben der oder die Mitarbeiter sogar selbst mitgeschrieben, denn laut Bezirksamt handele es sich um Schriftstellerei, die angezeigt, aber nicht genehmigt werden müsse. Das aber ist nach Auskunft der Senatsinnenverwaltung bei Beamten nur zulässig, wenn in den Nebenjobs „in selbstständiger Gestaltung eigene Gedanken schriftlich niedergelegt werden“. Recherche oder Korrektur fielen nicht darunter. Das Bezirksamt Neukölln widerspricht dem – lässt aber vor allem unbestätigt, ob es diese Nebenjobs überhaupt gab.

Weder über den Umfang noch zum Inhalt der Nebenjobs wollen Amt und Bürgermeister sich öffentlich einlassen. Auskünfte dazu werden seit Monaten verweigert. Auch nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts, das das Bezirksamt jetzt zur Auskunft verpflichtet hat, bleibt der Bürgermeister schweigsam. Nun soll Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

Für Buschkowsky könnte das Buch ein gutes Geschäft geworden sein. Die zehnte Auflage ist gedruckt, mehr als 170 000 Stück sind im Handel. Da er seinen Marktwert kennt, könnte sich der bundesweit prominente SPD-Politiker mindestens einen in solchen Fällen üblichen Satz von zehn Prozent des Nettoerlöses gesichert haben. Legt man diese Schätzung zugrunde, könnten bisher über 300 000 Euro zusammengekommen sein. Spenden möchte Buschkowsky offenbar nichts. „Die Gemeinschaft erhält mit fast der Hälfte einen gerechten Anteil. Man nennt das Steuern“, hatte er im Oktober im Tagesspiegel-Interview erklärt.

Zu Fragen nach seinen Helfern hat der Autor bislang wenig zu sagen: „Dienstlich veranlasst“ sei deren Tätigkeit jedenfalls nicht gewesen. Auskünfte zu „etwaigen Nebentätigkeiten“ unterfielen dem Sozialdatenschutz. Und: „Wie viele Mitarbeiter für mich aufgrund eines privatrechtlichen Honorarverhältnisses tätig waren, fällt in meine Privatsphäre.“ Gleiches gelte für den Inhalt der Verträge.

Hatte der Neuköllner Bezirkschef sein Büro zu einer Schreibwerkstatt für den Wälzer umgemodelt? Wurden die Stunden außerhalb der amtlichen Arbeitszeit geleistet? Wie viele waren es? Dazu sagt die Behörde nichts. Die Mitarbeiter könnten sonst identifiziert werden, hieß es.

Neben Buschkowskys Steuern hat das Land Berlin von dem Bucherfolg noch 625 Euro. Eher eine Nutzungsentschädigung: „Für die sporadische Inanspruchnahme logistischer Hilfsmittel“, etwa Büroraum, IT-Technik und Kopierer. Das Geld sei bereits geflossen.

Der Vorgang sollte geheim bleiben

Ein Mann, ein Buch. Heinz Buschkowsky bei einer Lesung im Herbst.
Ein Mann, ein Buch. Heinz Buschkowsky bei einer Lesung im Herbst.

© dpa

Ursprünglich hatte das Bezirksamt versucht, über den Vorgang einen Schleier zu legen. Eine erste Anfrage vom Oktober beschied der Bürgermeister nach „juristischer Bewertung“ mit den Worten, er beabsichtige nicht, Fragen als Privatmann zu beantworten. Der Presse stünden keine Informationsrechte zu. Wohl um eine Art Drohkulisse aufzubauen, ließ er im Namen des Bezirksamts ein Schreiben seines Anwalts folgen. Erst nach weiterem Drängen auf die amtliche Auskunftspflicht kamen Informationen.

Verwechselte Buschkowsky Angelegenheiten des Bezirksamts mit seinen eigenen? Für ihn gelten als nebenberuflichen Buchautor andere Regeln als für Bundestagsabgeordnete wie Peer Steinbrück oder auch Senatschef Klaus Wowereit, die ebenfalls als Schriftsteller hervorgetreten sind. Als Verwaltungsvorsteher ist Buschkowsky Beamter auf Zeit – und damit strikt an das Beamtengesetz gebunden. Nur war er in der glücklichen Situation, Chef des Amtes zu sein, das sein Rathaus verwaltet und über Nebentätigkeiten zu entscheiden hat.

Die für Buschkowsky zuständige Behörde, das Büro des Regierenden Bürgermeisters, kam mit dem Buchprojekt förmlich nur einmal in Kontakt, als der Neuköllner Parteifreund sein Vorhaben anzeigte. Ansonsten sei man nicht eingebunden gewesen, heißt es aus der Senatskanzlei. Damit waren Bezirksamt und Bürgermeister frei, die Vorschriften in ihrem Sinne zu gewichten. So durfte Buschkowsky Büroräume und Bezirksamtsmittel dem Beamtengesetz zufolge nur bei einem „öffentlichen oder wissenschaftlichen Interesse“ und gegen ein „angemessenes Entgelt“ in Anspruch nehmen, das den „besonderen Vorteil“ berücksichtigt, der dem Beamten dadurch entsteht.

Für das Bezirksamt kein Problem. Das öffentliche Interesse belege sich schon durch die Verkaufszahlen, hieß es aus dem Amt. Für die Öffentlichkeit sei es eben interessant, was der Bürgermeister nach zehn Jahren im Amt „zu berichten und zu analysieren weiß“. Mit den 625 Euro war nach Behördenmeinung auch der „besondere Vorteil“ reichlich vergolten – das Bezirksamt selbst sei es gewesen, das den Betrag vorgeschlagen habe. Nebentätigkeiten dürfen Beamte nur außerhalb der Arbeitszeit ausüben, es sei denn, es gibt ein „dienstliches Interesse“ an der Jobübernahme. Ausnahmen sind auch im „öffentlichen Interesse“ denkbar.

Buschkowsky selbst zeigte sich redselig nur dort, wo es ihn selbst betrifft: Er arbeite 80 Stunden in der Woche und habe diese „übliche Arbeitszeit“ auch während seiner Autorentätigkeit „ohne jeden Abstrich“ erbracht. Allerdings habe ihm in dieser Zeit sein freies Wochenende an der Ostsee gefehlt, das er sich einmal im Vierteljahr nehme.

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