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Berlin: Charlottenburger Schleuse: Bagger rollen für die Wasserautobahn

Der umstrittene Neubau der Charlottenburger Schleuse geht jetzt in die zweite Phase. Seit gestern liegt der Planfeststellungsbeschluss für das Projekt in verschiedenen Ämtern öffentlich aus.

Der umstrittene Neubau der Charlottenburger Schleuse geht jetzt in die zweite Phase. Seit gestern liegt der Planfeststellungsbeschluss für das Projekt in verschiedenen Ämtern öffentlich aus. Die Kritiker wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) können das Vorhaben wohl nicht mehr stoppen, haben aber Teilerfolge erzielt. So soll der bisherige Spreearm nach der geplanten Verlagerung des Flussbetts nun doch nicht zugeschüttet werden, und die neue Schleusenkammer wird nur 110 statt 190 Meter lang. Ihr Bau läuft derzeit schon, gehört aber noch zum ersten Bauabschnitt; der so genannte zweite Spreedurchstich soll erst zum Jahresende beginnen und zwei Jahre später abgeschlossen sein.

Die Schleuse gehört zum Verkehrsprojekt "Deutsche Einheit 17". Die in einem "Aktionsbündnis gegen den Havelausbau" zusammengeschlossenen Kritiker aus Berlin und Brandenburg halten es für bedenklich und überflüssig. Das Konzept des Wasserstraßen-Neubauamts (WNA) sieht einen Ausbau der Schifffahrtswege zwischen Berlin und Hannover für 110 Meter lange "Großmotorgüterschiffe" und 185-Meter-Schubverbände vor. Die verringerte Länge der geplanten Schleuse wird eine Entkoppelung der Schubverbände nötig machen.

Gegen den Neubau kämpfen seit Jahren auch Dutzende Charlottenburger Kleingärtner, deren Parzellen weichen müssen, und die Firma Kluwe. Die Baustoffhandlung hat bereits seit Monaten keine Anlegestelle mehr, weil dort der Spreelauf begradigt wurde. Ein geplanter Ersatzhafen in der Nähe wurde laut Senior-Chef Horst Kluwe trotz einer drei Jahre alten Zusage der Ämter noch nicht genehmigt und dürfte erst 2003 oder 2004 zur Verfügung stehen. Die Firma ist der einzige Anlieger mit Klagebefugnis, will diese aber nicht nutzen: "Sonst würde es nur noch länger dauern", sagt Horst Kluwe. 200 000 Tonnen Kies, Sand und Steine müssten nun mit etwa 8000 Lkw pro Jahr über die Stadtautobahn transportiert werden, so dass dort weitere Staus drohten.

"Kluwe wurde vollkommen vergessen", bemängelt der Biologe Winfried Lücking vom Verband BUND. Er sieht keinen Bedarf für die "Wasserautobahn" und größere Einheiten als die bisher üblichen 85-Meter-Schiffe oder 145-Meter-Schubverbände. Das insgesamt etwa 5,3 Milliarden Mark teure "Projekt 17" erinnere an die gescheiterte Transrapid-Planung.

Die als ökologische Ausgleichsmaßnahme geplanten Uferwege in der Umgebung der Schleuse reichen Lücking nicht: "Da entsteht ja kein Biotop." Die Spundwände an den Spreeufern dürften die Versickerung und damit die Grundwasserqualität beeinträchtigen; sie seien zudem "Tierfallen". Für die rund 50 bedrohten Kleingärten solle es zwar Ersatzstandorte geben, aber: "Die Sozialverträglichkeit ist nicht gegeben." Die Nutzer "sind überwiegend Rentner, die sich keinen neuen Garten mehr bauen".

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